Enge, Weite und Triumph in musikalischen Bildern
Jubel bei Dornbirn Klassik für neues Akkordeonkonzert und Klassiker
Einen klangerfüllten Saisonabschluss feierte die Aboreihe Dornbirn Klassik mit den Stuttgarter Philharmonikern unter der Leitung von. Im Mittelpunkt stand die charismatische Akkordeonistin Ksenija Sidorova. Mit der Präsentation des für sie komponierten Akkordeonkonzertes der britisch-bulgarischen Komponistin Dobrinka Tabakova zog sie die Zuhörenden in ihren Bann. Den Rahmen bildeten Beethovens „Egmont“-Ouvertüre sowie die „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski. Das Orchester kam im Laufe des Abends immer besser in Fahrt und steigerte sich am Ende im „Großen Tor von Kiew“ mitreißend hinein.
Die Kooperation des Kulturamtes Dornbirn mit dem internationalen Bodenseefestival bietet der Abonnementreihe Dornbirn Klassik einen willkommenen Mehrwert. Zum Saisonabschluss gastierte ein groß besetztes Orchester mit einer herausragenden Solistin in Dornbirn.
In diesem Jahr steht die lettische Akkordeonistin Ksenija Sidorova mit zahlreichen Konzerten als Artist in Residence im Mittelpunkt des Bodenseefestivals. Sie ist in verschiedenen Besetzungen an mehreren Orten rund um den Bodensee zu hören. Nach Dornbirn kam sie als Solistin der Stuttgarter Philharmoniker. Extra für Ksenija Sidorova schuf die Komponistin Dobrinka Tabakova ein Akkordeonkonzert, unter anderem soll damit auch das Repertoire des klassischen Akkordeons erweitert werden.
Das Konzert war in Dornbirn als österreichische Erstaufführung zu erleben und löste Begeisterungsstürme aus. Spannend entwickelte sich der musikalische Fluss, denn alle drei Sätze kristallisierten eine emotional eruptive Kraft heraus. Gegensätze lösten von Beginn an scharfe Kontraste sowie Licht- und Schattenwirkungen aus. Die unterschiedlichen Klangregister des groß besetzten Orchesters, die Klangfarbenvielfalt, die Ksenija Sidorova mit ihrem Instrument aufbot, sowie die linienförmig konzipierten melodischen Motive und die Tonschichtungen zogen in der Einleitung die Aufmerksamkeit auf sich.
Das Akkordeon als atmendes Instrument stellten die Komponistin und die Musikerin faszinierend in den Mittelpunkt. So entstand eine beklemmende Wirkung zwischen atemschöpfenden und atemlosen Einheiten, die verbunden mit signalartigen Motiven in den Bläsern eine starke unterschwellige Spannung entstehen ließen. Schubartig formten die Solistin und die Orchestermusiker:innen den Satz, der allmählich raumgreifende Züge annahm und mit Vibraphon, Marimba, Pauken sowie abschnittsweise auch mit Marschtrommel strukturiert wurde. Assoziationen beim Hören drängten sich auf und regte zum Weiterdenken an.
Im langsamen Mittelteil musizierte Ksenija Sidorova in sich ruhend. Wunderbare Klangmischungen wie Vibratotöne des Akkordeons in Verbindung mit gestrichenen Tönen am Vibraphon oder in einer Unisonolinie des Akkordeons mit der Bassklarinette implizierten eine ätherische Weite. Aufhorchen ließen die Abbrüche der Melodie, die immer wieder aufgenommen und weitergeführt wurden, sich verflüchtigende Toncharaktere und der offene Schluss. Rhythmisch belebt und mit leidenschaftlicher Spielfreude setzte die Solistin den Finalsatz in Szene. Der Duktus der Musik und die harmonisch in Schichten geführten Bewegungen entwickelten sich zu einem virtuosen Tanz, der sich von irisch anmutender Folkmusic über Balkanjazz bis zu Passagen mit orientalischem Touch erstreckte.
Das Charisma der Akkordeonistin kam bei diesem Konzert sofort zur Geltung und ließ den Funken zum Publikum rasch überspringen. Für den jubelnden Applaus bedankte sich Ksenija Sidorova mit der „Fantasie über Astor Piazzollas Chiquilin de Bachin“ von Franck Angelis.
Große Klangwirkungen, aber eher diffuse Details
Die Interpretation der berühmten „Egmont“-Ouvertüre deutete auf die Spielart der Stuttgarter Philharmoniker und das Dirigat von Michal Nesterowicz hin. Die markanten Akkordtürme am Beginn wirkten eher unsicher und erklangen nicht kongruent auf den Beginn der Zählzeit. Etwas diffus, gedämpft im Klang und teilweise ungenau entwickelte sich sodann die tragische Geschichte des Helden Egmont. Doch mit der Steigerung zum vollen Orchestertutti entfalteten die Musiker:innen eine monumentale Klangpracht. Michal Nesterowicz formte mit seinem Dirigat, ganz auf den Orchesterklang bedacht, die großen Phrasierungsbögen. Dabei wurden motivische Details und wirklich exakte Einsätze etwas außer Acht gelassen.
Diese Spielart prägte auch die „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky. Die Klangwirkungen des großen Orchesters brachten die einzelnen Teile gut zur Geltung und die Bilder des „Gnomus“, des „Vecchio castellos“und die Promenaden führten mitten hinein in das mitteilsame Werk und erzeugten Bilder im Kopf. Auch beeindruckende Soli, unter anderem des Saxofons, des Euphoniums und der Trompete lenkten die Aufmerksamkeit auf sich. Der sprechende Ausdruck und die psychologisierenden Themenkombinationen im weiteren Verlauf der Ausstellung wurden plastisch, mit viel Emotion und Spannung ausgeformt. Schließlich füllte das „Große Tor von Kiew“ mit einer hymnischen Steigerung im vollen Orchestersound den Saal des Dornbirner Kulturhauses. Jubelnd applaudierte das Publikum.
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