Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Thomas Kuschny · 31. Jän 2019 ·

Die Herrentorte im Lavendelsteingebirge - Helge Schneider im Montforthaus Feldkirch

Fast meint man schon, diesmal habe er ihn nicht mit dabei, aber weit gefehlt: Gegen Ende des zweiten Teils bekommt er dann nämlich doch wieder seinen großen Auftritt: „Bodydancer“ Sergej Gleithmann, seit eigentlich immer schon Teil der illustren Entourage im Schneider-Kosmos, darf mit immer schütterer werdender, legendärer Haarpracht den „Meisenmann“ ausdruckstänzerisch interpretieren. Da hat Helge Schneider natürlich längst die wie immer sehr zahlreiche Zuhörerschaft um den Finger gewickelt, ganz zu Anfang bereits beschreibt er Feldkirch ja auch als „die schönste Stadt, in die ich je kommen musste.“ Helge ist Helge ist Helge!

Für die „Ordnung muß sein!“-Tour ist er diesmal im Quartett unterwegs. Peter Thoms, nicht mehr ganz junger Mitstreiter seit Jahrzehnten und auch in Helges Filmen präsent, bedient das Schlagzeug. Der angekündigte 85-jährige Rudi Olbrich, ebenfalls ein bewährter Kämpe, ist nicht erschienen. (Wir hoffen natürlich, dass es ihm gut geht!) Ein gewisser Udo Lukaschewski - über ihn ist im Netz genau gar nichts auffindbar - ersetzt ihn am Kontrabass und Henrik Freischlader bedient die „Bluesgitarre“. Musikalisch bewegt sich die Band zwischen Blues und Jazz, meist sehr zurückhaltend und „laid-back“ gespielt. Auch gelegentliche Ausritte in andere Genres (Surf, Rock) sind im selben Soundkleid gehalten, sehr stimmig genau so wie das Bühnenbild, spartanisch von nur sechs antiquierten Theaterscheinwerfern ausgeleuchtet und mit Schneiders Instrumentarium geschmückt. Ein weißer Kitschflügel steht da genauso wie eine echte Hammondorgel mit Leslie, ein mächtiger Gitarrenamp samt Telecaster, ein Saxofon, ein Cello, ein Vibraphon und diverse bunt verteilte Synthesizer, dazu Hupen und Tröten, alles, was man eben so braucht.

Schneider ist ein formidabler Pianist, das hat sich schon herumgesprochen, in manch einem Solo zeigt sich seine Verehrung für Thelonius Monk und dessen außergewöhnliche Harmonik. Die anderen Instrumente weiß er auch nicht schlecht zu bedienen, dies allerdings meist im komödiantischen Kontext.

Natürlich sind es aber vor allem die Texte und Wortbeiträge, das „Schauspiel“ und die absurden Wendungen, die das Publikum entzücken. Schneider singt von der „Wundertüte des Lebens“, die für einen jeden etwas bereithält, auch wenn es manchmal nur drei Körner Puffreis sind, vom Kometen und der Frage, ob er mit jenem, obwohl alles und jeden zerstörend, also „jeden Zahn einzeln“, Freundschaft schließen könnte. Er erzählt unter Zuhilfenahme des Cellos dramaturgisch ausgefeilt ein dadaistisches Vogelmärchen oder steigt kommentarlos mit dem Rücken zum Auditorium auf eine hölzerne Stehleiter und, sich plötzlich umdrehend und mit einer Maske ausgestattet das Phantom der Oper mimend, ebenso kommentarlos wieder herunter. Mit wilder Robert Plant-Perücke spielt er den abgehalfterten Rockstar, perfekt mit für einmal lausigem Orgelspiel. Er lässt mehrfach während eines Instrumentals einen seiner Techniker als Orientale verkleidet mit einer penetranten Schalmei die Bühne stürmen und fabuliert über asiatische Häuser, „die haben keine Fenster, nur Schlitze“. Vieles davon ist Improvisation, oft muss er selber lachen ob der seltsamen Wendungen, die sich dadurch ergeben. Staunend bezeichnet er zum Beispiel das schicke Feldkircher Veranstaltungshaus als „Lavendelsteingebirge“, in das „wohl jemand ordentlich Geld reingesteckt hat.“ Ein bisschen anders geht es aber auch: Obwohl sich Schneider laut Interviews ja eigentlich als reinen Unterhalter sieht, führt er dann doch noch unerwartet eine scharfe Klinge gegen den Monopolisten und Konsumkraken Amazon. Recht so!