"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Anita Grüneis · 16. Mär 2023 · Film

Der Film „Biografie“ von Arno Oehri – ein spezielles Päckchen, das eigene Leben

„Du fragst mich, was das Leben sei“, schrieb Anton Tschechow an seine spätere Frau, die Schauspielerin Olga Knipper, und ließ gleich die Antwort folgen: „Das Leben ist eine Mohrrübe“. Dieser Satz war auch im Film „Biografie“ zu hören, den der Multi-Media-Künstler Arno Oehri im Auftrag von Demenz Liechtenstein produzierte. Ziel war es, den Wert der eigenen Biografie aufzuzeigen und zugleich darauf hinzuweisen, dass das Zusammenfassen des eigenen Lebens bei einer eventuellen Demenz von großer Bedeutung sein kann.

„Die eigene Biografie ist für Menschen mit Demenz ein wichtiger Baustein“, sagte denn auch Matthias Brüstle, Geschäftsführer von Demenz Liechtenstein, bei seiner Begrüßungsrede. Er meinte, es sei besonders wertvoll, den biografischen Hintergrund von Menschen zu kennen, wenn diese hilfsbedürftig werden. Da heute kaum noch jemand Tagebuch führe, habe er über Alternativen nachgedacht. (Der Künstler Arno Oehri ist übrigens bekennender Tagebuchschreiber!). Aus der Idee eines Biografie-Buches wurden dann rasch die Idee für diesen Film, der zugleich ein Mutmacher für eigene Biografien sein soll, die in Auftrag gegeben werden können und von Demenz Liechtenstein bezuschusst werden. Damit kann sich jede/jeder Interessierte ein knapp halbstündiges Portrait von sich zusammenstellen lassen, das dann als digitales Dokument dem Interviewten zur Verfügung steht. Beispiele dafür, wie das aussehen kann, waren im Film „Biografie“ zu sehen.

Der Fokus auf den Stories

Arno Oehri schuf einen stimmungsvollen Film, in dem insgesamt 25 Personen entweder Details aus ihrem Leben erzählen oder auf die Bedeutung der Biografie hinweisen. Dabei folgte der Filmemacher der Lebenslinie, um die speziellen „Päckchen des eigenen Lebens“ aufzuschlüsseln: prägende Erlebnisse aus der Jugend, der Teenager-Zeit, aus Ehejahren und dem Senioren-Dasein. Da erinnert sich einer an seine Kindheit mit zehn Geschwistern, eine andere an die speziellen Weihnachtsbräuche zu Hause und ein Dritter an die harten Zeiten in den Nachkriegsjahren. Eine Frau gesteht, dass sie immer dachte, die Babys würden in den Brüsten wachsen, eine andere erinnert sich an riskante Herausforderungen: „Ich war jung, dumm und unsterblich“, meint sie und so ließ sie sich auf gefährliche Wagnisse ein. Später kamen dann die Lebens-Brüche, als „die inneren Räume kalt und leer wurden“, wie zum Beispiel beim Ehe-Aus nach 22 Jahre: „Das war der größte Fehler meines Lebens, das ich das beendet habe“, gesteht ein 85-Jähriger.

Jeder Mensch ist gewichtig

In diesem Film reden befragte Personen über ihre Lebens-Ereignisse oder Fachpersonen über den Wert und den Nutzen einer aktiven Biografiearbeit. „Jeder Mensch braucht Gewichtigkeit“, heißt es. Bei der eigenen Lebensgeschichte gebe es viele Facetten und Kategorien, die sich verbinden oder überlagern und ein dichtes Geflecht in Raum und Zeit bilden. Erinnern sei immer relativ, auch wenn es laut Jean Paul „das einzige Paradies ist, woraus wir nicht vertrieben werden können“. Trotzdem brauche es manchmal Mut, sich der eigenen Lebensgeschichte zu stellen. Diesen Mut hatten die interviewten Personen und es hat sich gelohnt – auch für all jene, die mittels dieses Films nun kleine Blinklichter aus dem Leben der anderen sehen und hören können. Die tragende Musik zum Film stammt von Ralph Zurmühle (der auch zu den Interviewten gehört) und Arno Oehris Klanglabor mit ihm selbst, seiner Frau Denise Kronabitter und Marco Sele.

Die Kunst im Film

Der 90-minütige Film „Biografie“ ist aber keine Aneinanderreihung von Interviews, im Gegenteil. Er weist viele stimmungsvolle Schnittbilder auf, die den Erzählungen eine zusätzliche künstlerische Ebene geben – ob das Landschaftsaufnahmen sind, Bilder von welkenden Tulpen, zerfallenden Räumen oder das immer wieder kehrende Symbol des Lebenselixiers Wasser. Das Titelbild des Films zeigt übrigens zwei Männer in Badehosen, die im Wasser stehen. Scharf neben ihnen ein steinerner Platz mit einer Bank und einem Kandelaber. Dabei gehen Wasser und fester Boden ineinander über. Das Entstehen des Bildes wird im Film «Biografie» aufgeklärt, die Symbolkraft bleibt trotzdem ungebrochen.

Der Film wird am 17./19./23.3. im Skino in Schaan gezeigt. www.skino.li