Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Karlheinz Pichler · 26. Feb 2023 · Ausstellung

Christine Katscher gewinnt den Kunstprojektwettbewerb der Vorarlberger Rotary Clubs

Der mit 10.000 Euro dotierte erste Preis des von den Vorarlberger Rotary Clubs (RC) erstmals ausgeschriebenen „Kunstprojektwettbewerbs" geht an die 37-jährige Künstlerin Christine Katscher. Den zweiten Platz und damit 7.000 Euro sicherte sich Matthias Guido Braudisch, und Rang drei, der wertmäßig immer noch 3.000 Euro ausmacht, wurde Marc Bertel zugesprochen. Auszeichnungen in der Höhe von jeweils 1.000 Euro erhielten Lorenz Helfer, Viktoria Jäger sowie Nicole Scheffknecht. Die Preise wurden am Freitagabend im prall gefüllten Saal des Angelika Kauffmann Museums in Schwarzenberg überreicht.

Wie Werner Beer, Foundation Beauftragter des RC Bregenzerwald, der den Wettbewerb initiierte, bei der Preisverleihung betonte, zählten die Kunstschaffenden zu derjenigen Gruppe, die durch die Pandemie am schwersten getroffen worden seien. Mit dem Kunstprojektwettbewerb soll den Kreativen nicht nur eine Motivation zum weiteren Schaffen geboten werden, sondern auch eine zusätzliche Möglichkeit, mit kräftigen Statements wieder an die Öffentlichkeit zu treten.       

66 Einreichungen      

Beer zufolge wurden für den Wettbewerb, der Kunstschaffende adressierte, die unter 40 Jahre alt sind und einen Vorarlbergbezug aufweisen, insgesamt 66 Projekte eingereicht. Dass so viele Kreative der Einladung zur Teilnahme gefolgt seien, habe die Organisatoren doch einigermaßen überrascht.
In einer ersten Jurysitzung wurden die anonym und digital eingereichten Konzepte gesichtet und daraus eine Shortlist erstellt. Im Rahmen einer zweiten Juryzusammenkunft, die am 10. Februar stattfand, wurden dann die originalen Kunstwerke beurteilt und die Reihung vorgenommen. Die Fachjury setzte sich aus dem Künstler Manfred Egender, der am Zustandekommen und der Organisation des Wettbewerbs maßgeblich mitbeteiligt war, Susanne Fink vom Landeskulturamt (Juryvorsitz), Thomas Hirtenfelder (Direktor des Angelika Kauffmann Museums) sowie Willi Meusburger, der jahrzehntelang der Vorarlberger Berufsvereinigung der bildenden Künstler als Präsident vorstand, zusammen. Zudem waren noch alle sechs Vorarlberger Rotary Clubs mit je einer Person in der Jury vertreten.
Ein interessantes Detail am Rande ist sicher, dass die Shortlist gendermäßig völlig ausgeglichen war. Obwohl die Einreichung ja anonym war, schafften es genau drei Frauen und drei Männer in das „Finale“.      

Ohne Kunst wäre das Leben ein Irrtum“      

An Mitinitiator Manfred Egender oblag es dann, die einzelnen Wettwerbsgewinner:innen und ihre Projekte kurz vorzustellen. Wobei Egender seine Laudatio mit einem etwas abgewandelten Zitat von Friedrich Nitzsche, „Ohne Kunst wäre das Leben ein Irrtum“, begann und auch noch auf einen Kunstwettstreit verwies, über den der römische Gelehrte Plinius der Ältere (23 – 79 n. Chr.) dereinst berichtete. Plinius zufolge malte der Künstler Zeuxis im Wettstreit mit Parrhasius so naturgetreue Trauben, dass Vögel herbeiflogen, um an ihnen zu picken. Daraufhin stellte Parrhasius seinem Rivalen ein Gemälde vor, auf dem ein leinener Vorhang zu sehen war. Als Zeuxis ungeduldig bat, diesen doch endlich beiseite zu schieben, um das sich vermeintlich dahinter befindliche Bild zu betrachten, hatte Parrhasius den Sieg sicher, da er es geschafft hatte, Zeuxis zu täuschen. Der Vorhang war nämlich gemalt.
Egender stellte die Preisgewinner übrigens nicht der Ranglistenreihung entsprechend vor, sondern den Werkgruppen der Ausgezeichneten folgend, so wie sie im Uhrzeigersinn im Museumssaal präsentiert werden. Links beginnend mit Lorenz Helfer, von dem zwei großformatige Öl-auf-Leinwand-Gemälde zum Thema „Meine Straßen“ ausgestellt sind. Kennzeichen dieser mit großer Geste gemalten Bilder ist, dass sie wesentlich abstrakter sind, als die früheren Arbeiten des Sohnes von Monika Helfer und Michael Köhlmeier. Er wolle sich von allem Angelernten befreien, das Schauen sei entscheidend, die Leere immer wichtiger geworden, zitiert Egender den 1984 in Hohenems geborenen Künstler, der an der Universität für Angewandte Kunst in Wien Malerei bei Wolfgang Herzig und Johanna Kandl studiert hatte.
An Helfer anschließend dann vier direkt auf Alu-Dibond-Platten gedruckte Fotografien der 1994 in Feldkirch geborenen und jetzt in Dornbirn lebenden Fotokünstlerin Viktoria Jäger. Jäger setzt sich bei den gezeigten Werken mit der Struktur von Eis auseinander. Durch die Verwendung von farbigem Blitzlicht gelingt es ihr auf sehr spezielle Art und Weise die Strukturen des Eises hervorzuheben, und den Blick des Betrachters weit über das üblicherweise Sichtbare hinaus zu lenken.
An der Stirnseite des Raumes hängen die zwei großformatigen Bilder „Hospital“ und „Seljuk Tomb“ der Wettbewerbsgewinnerin Christine Katscher, links flankiert von drei Kleinformaten. Die Werke verweisen auf das schrittweise Vorgehen der 1986 in Wien geborenen und heute in Dornbirn lebenden und arbeitenden Künstlerin. Die einzelnen Arbeitsstufen, ausgehend von der Fotografie über den Druck bis zur Zeichnung, bilden eine Prozesskette der fortschreitenden Reduktion. Fotografien, wie der Blick aus dem Fenster eines Spitals oder die Aufnahme eines Mausoleums, bilden den Ausgangspunkt für Werke, die mit Hilfe der Zeichnung und des Siebdruckes neu aufgebaut werden. Katscher studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und ist unter anderem auch Mitgründerin der Druckwerkstatt „Druckwerk“ in Lustenau.
Auf Katscher folgen unter dem Titel „This Small House Is All We Need“ 30 kleinformatige Fotografien, die am Boden aneinandergereiht an die Wand gelehnt sind sowie zwei auf einem kleinen Podest präsentierte Bücher. Dieser seriell angelegte Beitrag wurde vom Filmemacher und Fotografen Marc Bertel eingereicht. Bertel setzt sich darin mit einer afroamerikanischen Familie auseinander, die er immer wieder in den USA besucht. Wobei er danach trachtet, seine unterschiedlichen Rollen als Gastmitglied der Familie, Künstler, Forscher und Dokumentator in Einklang zu bringen.
Nach Ansicht von Nicole Scheffknecht, die an der Akademie der bildenden Künste in Wien Architektur studiert hat, ist es vielfach nur der Kunst möglich, das Grauen des Daseins zum Ausdruck zu bringen. Mit ihrer Collage, die fragmentarisch Architektur referenziert, könnte man beispielsweise durchaus durch Bomben aufgerissene Wohnblöcke in der Ukraine assoziieren. Scheffknecht ist Mitarbeiterin des Architekturbüros Broder sowie der Pop Up Gallery „Studio_8“ in Bezau.
Den Abschluss der Projekteinreichungen markieren vier Beispiele experimenteller Fotografie von Matthias Guido Braudisch. Braudisch, der sowohl Fotografie und Malerei studiert und seinen Abschluss bei Daniel Richter an der Akademie der bildenden Künste in Wien gemacht hat, recherchierte für seine gezeigten „Salzdrucke“ mit seiner Kamera Gebirgsmotive in der Vorarlberger Bergwelt. Das Ergebnis ist eine Kombination aus digitaler und analoger Fotografie. Die präsentierten „Salzdrucke“ sind in der Herstellung überaus aufwendig und beinhalten mehrere Arbeitsschritte wie etwa das Aufbringen einer Salzlösung auf dem Papier oder einer Firniss am Schluss. Zum Teil beruhen die Arbeiten Braudischs auf sehr alten Aufnahmeverfahren wie etwa der vom Engländer William Henry Fox Talbot um 1835 erfundenen Kalotypie.
Sämtliche prämierten Arbeiten können übrigens noch bis kommenden Mittwoch im Angelika Kauffmann Museum in Schwarzenberg besichtigt werden.