Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Peter Füssl · 30. Nov 2010 · CD-Tipp

Vijay Iyer: Solo

Speziell bei Solo-CDs, die naturgemäß einen besonders unverstellten Blick auf einen Musiker ermöglichen und den aktuellen Zustand seiner kompositorischen Fähigkeiten und seines instrumentaltechnischen Könnens repräsentieren, reicht es manchmal schon, die Auflistung jener Namen zu lesen, denen der Musiker seinen ganz persönlichen musikalischen Output widmet. Im Fall von Vijay Iyer sind dies die Pianisten Thelonious Monk, Andrew Hill, Duke Ellington, Muhal Richard Abrams, Randy Weston, Cecil Taylor und Sun Ra, sowie Wadada Leo Smith, Steve Coleman und Roscoe Mitchell, die ihn als Komponisten-Performer besonders beeindrucken.

Gern glaubt man dem bald vierzigjährigen, indischstämmigen New Yorker, der wie kaum ein anderer Pianist Publikum und Kritiker gleichermaßen zu Jubelstürmen veranlasst, diese Vielfalt an mehr oder weniger außergewöhnlichen Einflüssen. Das wirklich Beeindruckende daran ist aber, mit welcher Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit Vijay Iyer all diese Vorbilder in sein ganz persönliches musikalisches Weltbild zu integrieren vermag. Ob Michael Jacksons Hit "Human Nature", Monks "Epistrophy" oder Duke Ellingtons "Fleurette Africaine", Vijay Iyer nähert sich den Vorlagen mit Respekt, um dann alles völlig neu, völlig anders und im besten Sinne querdenkerisch, also ohne jegliche billige Effekthascherei, zu interpretieren und ganz und gar zu seinem Eigenen zu machen. Das sind kreative Schübe, die zu begeistern wissen, aber von seinen experimentelleren Eigenkompositionen durchaus noch getoppt werden. Vijay Iyer ist einer, der die unterschiedlichsten Linien der Musiktradition intus hat und völlig virtuos und kompetent aus diesem reichhaltigen Vokabular schöpfen kann, er ist aber auch einer, der wie einige der eingangs genannten Vorbilder kraft seiner außergewöhnlichen Kreativität und seiner völlig eigenständigen und unkonventionellen Denkweise die Spirale der musikalischen Entwicklung wirklich um ein paar Drehungen weiter bringen könnte. Ein grandioses Piano-Solo-Album voller unglaublich bunter, schillernder und überraschender Eindrücke!
(ACT/Vertrieb: Jürgen Rottensteiner)