Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Peter Füssl · 02. Aug 2011 · CD-Tipp

Tyler, The Creator: Goblin

Kaum jemand wird derzeit so gehypt wie Tyler, The Creator, der erst 19-jährige Mastermind der Odd Future Wolf Gang Kill Them All, einer Hip-Hop-Gang aus Los Angeles. So könnte die Zukunft von Rap und Hip-Hop aussehen, meinen zumindest die Bewunderer, und selbst Skeptiker halten ihm zugute, dass er dieses mittlerweile durch schamlose Verkommerzialisierung einigermaßen verkorkste Genre wenigstens wieder einmal ein bisschen aufmischt.

Seine Attitüde ist die des Punk, der am liebsten der ganzen Welt in den Arsch treten würde, sich selbst mit eingeschlossen. Der Fuck-Faktor seiner Texte schlägt alle Rekorde, er ergeht sich in düsteren, brutalen, bösartigen Attacken und abartigen Gewaltphantasien, und seine Sex-Trips lassen selbst Hardcore-Fans kaum noch Wünsche offen. Political correctness, das war gestern. Wollte man diese Stücke jugendfrei spielen – auf diese Idee kommt freilich ohnehin keiner –, wären mehr Piepstöne zu hören als Wörter. Aber Tyler, The Creator stellt ohnehin gleich mit seinem ersten Satz klar, dass er kein „fucking role model“ sei und er befindet sich im Zwiegespräch mit seinem Psychiater, was bei Herrn und Frau Saubermann vielleicht doch eine gewisse Hoffnung keimen lässt. Musikalisch gesehen ist – passend zu den Texten – alles roh und ungeschliffen, fragmentarisch, wild zusammengewürfelt, von der Müllkippe recycelt. Tyler, The Creator ist der neue Gott des Antikommerz, der sich konsequent allen bekannten Marktmechanismen verweigert, und gerade damit zum totalen Überflieger wird. Das ist natürlich völlig absurd, aber sicher auch Teil des Konzepts. Und verglichen mit dem neuesten Output von Snoop Dogg ist Tyler, The Creator wenigstens erfrischend – so erfrischend wie ein Fausthieb in die Magengrube oder ein Tritt in die Eier.
(XL Recordings/Vertrieb: www.rottensteiner-pr.at)