Das Duo-Tanzstück „Somatic Tratata“ beim tanz ist-Festival am Dornbirner Spielboden. (Foto: Stefan Hauer)
Peter Füssl · 11. Nov 2019 · CD-Tipp

Rosario Bonaccorso Quartet: A New Home

Von runden Geburtstagen mag man halten, was man will, aber zweifellos können sie ein Beweggrund sein, eine Art Zwischenbilanz zu ziehen, sich den Status quo genauer anzusehen und sich Gedanken über weitere Zukunftsperspektiven zu machen. So nahm auch der italienische Kontrabassist Rosario Bonaccorso, der auf eine mehr als vierzigjährige Karriere im internationalen Jazzbusiness zurückblicken kann, seinen 60. Geburtstag zum Anlass, die Gefühlslage zu überdenken und mit elf neuen Kompositionen das Leben an sich zu zelebrieren, aber auch Familie und Freundschaften hochleben zu lassen.

Seiner Frau, der Schauspielerin Renate Bauer-Bonaccorso („Re And Ro“), seinem kleinen Enkel („Viva Lorenzo“), seinen beiden Kindern in Italien („Strange Weather“) oder jenen Freunden, mit denen er zusammen alt werden möchte („Dubbididibba“) widmet er wundervolle Hommagen. Einmal mehr beweist Bonaccorso sein untrügliches Gespür für eingängige Melodien, harmonische Feinheiten und rhythmische Raffinesse, verzichtet zwar auf unzugängliche Experimente, verblüfft und unterhält aber mit spannenden und außergewöhnlichen Einfällen und beweist stets guten Geschmack. Perfekte Unterstützung erhält der mehrere hörenswerte Soli beisteuernde Bonaccorso dabei vom einfallsreichen Stimmungsmaler und Pianisten Enrico Zanisi und vom variantenreichen Drummer Alessandro Paternesi – beide waren auch schon beim ebenfalls empfehlenswerten Vorgängeralbum „A Beautiful Story“ (2017) mit dabei. Allererste Sahne sind aber vor allem die beiden Bläser. Wenig verwunderlich, Bonaccorsos Langzeit-Weggefährte Stefano Di Battista, der zu den renommiertesten Jazzern Italiens zählt und auf vier Titeln mit expressiven Läufen auf Alt- bzw. Sopransaxophon glänzt. Auf „Dubbididibba“ und „Luna Rossa“ bringt er sein Instrument zum Glühen, auf dem Titelstück schwelgt er in Melancholie. Eine wahre und besonders freudige Überraschung ist aber der hierzulande noch weitgehend unbekannte Trompeter Fulvio Sigurtà, ein virtuos zwischen cool und hot, nachdenklich-verträumt und boppig-flott changierender Alleskönner, der auf „Strange Weather“ auch Sinn für Extravagantes und Witziges demonstriert. Schön, dass man als Vorarlberger auch ein bisschen stolz darauf sein darf, dass Rosario Bonaccorso mit „A New Home“ nicht nur seinen inneren Zustand, sondern auch seinen Zweitwohnsitz in Lochau gemeint haben könnte. (Via Veneto Jazz/Jando Music) 

Konzert-Tipp: Das Rosario Bonaccorso Quartet wird am 7. Mai 2020 im vorarlberg museum zu hören sein, weitere Konzerte sind noch in Planung.