"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Peter Füssl · 16. Nov 2020 · CD-Tipp

Redi Hasa: The Stolen Cello

Das gestohlene Cello hat sogar einen Namen, es heißt „Sophi“ und gehörte ursprünglich dem Konservatorium von Tirana. Der Namensgeber und Dieb heißt Redi Hasa, er hat dort studiert und das Instrument in den 1990-er Jahren bei der Flucht vor den bürgerkriegsähnlichen Zuständen und der Armut in Albanien als wertvollstes und überlebenssicherndes Gut einfach nach Italien mitgenommen. Eine Verzweiflungstat. Mittlerweile gehört der 43-jährige Redi Hasa, der als Sohn einer Cello-Lehrerin und eines Choreographen mit 13 Jahren bereits das klassische Repertoire beherrschte, seit zehn Jahren zum Stammensemble des überaus erfolgreichen Neo-Klassikers Ludovico Einaudi, auf dessen erfolgreichsten Alben er sich verewigt hat und mit dem er auf ausgiebigen Tourneen die ganze Welt bereiste.

„Finde die Seele in jeder Note, die du spielst“, gab ihm der Altmeister als Motto für seinen musikalischen Lebensweg mit. An emotionalem Tiefgang mangelt es Hasas Cellospiel, das er als eine Manifestation der inneren menschlichen Stimme sieht, keineswegs – zumal die 12 Titel seines ersten Solo-Albums mit Erinnerungen an seine albanische Heimat, die Flucht und die hoffnungsfrohe Ankunft in der neuen Existenz verbunden sind. Es ist also eine Art musikalisches Tagebuch, oder ein „auditives Fotoalbum meiner Vergangenheit“, wie es der Künstler selber nennt. Redi Hasa sieht sich selbst als Erforscher des musikalischen Handwerks und als Sound-Abenteurer, der die Möglichkeiten des Instruments jenseits der klassischen Tradition und von Genregrenzen ausloten will. Mercan Dede, Alva Noto oder Akin Sevgör nennt er in dieser Hinsicht neben Einaudi als weitere Seelenverwandte, er widmet sich im Duo mit der Sängerin Maria Mazzotta aber auch der mediterranen Folklore oder veredelt Alben und Konzertauftritte von Ex-„Led Zeppelin“-Sänger Robert Plant, Boban Markovic, Bobby McFerrin, dem Kocani Orkestar oder Paolo Fresu. Redi Hasa lässt sein Cello singen und lotet die ganze Bandbreite an Klangfarben und technischen Möglichkeiten aus, was aufwändiges, aber niemals überladen wirkendes Overdubbing im Studio miteinschließt. Von zwei Titeln des Albums wurden übrigens schon im Vorfeld auch spannende Duo-Fassungen veröffentlicht: Für „The Silence of The Trail“ setzte sich Einaudi höchstpersönlich ans Klavier, und von „Time“ gibt es eine Elektronik-Fassung mit Akin Sevgör. Bewegender und authentischer wirken aber die Solo-Fassungen.       

(Ponderosa Music Records/Decca/Universal)