Ran Blake: Chabrol Noir
Der höchst eigenwillige, mittlerweile 80-jährige amerikanische Pianist Ran Blake ist als Gunther Schuller-Protegé und –Mitstreiter einer der wichtigsten Protagonisten der Third Stream-Bewegung, die Neue Musik und zeitgenössischen Jazz miteinander verbindet. Gleich bedeutend für seinen musikalischen Output ist seine lebenslange Obsession für den Film noir und für Regisseure wie Alfred Hitchcock, Otto Preminger, Fritz Lang, Elia Kazan und zuallererst Claude Chabrol. Dessen finstere Klassiker „Le beau Serge/Die Enttäuschten“ (1958), „Le Boucher/Der Schlachter“ (1970) und „La Rupture/Der Riss“ (1970) sind die zentralen Bezugspunkte dieser außergewöhnlichen Hommage, die naturgemäß keine leichte Kost bietet.
In den 17 Stücken, die oft nur um die zwei Minuten lang sind, dominieren mysteriöse Stimmungen und unter die Haut gehende, sich bedrohlich aufbauende Spannungsbögen - die Suspense steigert sich bis ins fast Unerträgliche. Dabei greift Ran Blake auch auf Melodien von Pierre Jansen zurück, der dreißig Jahre lang Filmmusik für Chabrol geschrieben hat. „Vier ernste Gesänge“ von Johannes Brahms, die Chabrol für „Que la bête meure/Das Biest muss sterben“ (1969) verwendete, rücken den Saxophonisten und Blakes ehemaligen Schüler und Langzeit-Wegbegleiter Ricky Ford in den Mittelpunkt, dessen raues, immer wieder in expressive Härte umkippendes Spiel die düstere Atmosphäre noch auf fünf weiteren Titeln zusätzlich auflädt. Darunter seine unorthodoxen Solo-Reflexionen zu Chabrols „Nada“ (1974), der Édith Piaf-Klassiker „Les Grognards“ oder zwei stimmig integrierte Kompositionen von Max Roach und R.B.Lynch/Abbey Lincoln. Aber auch Michel Legrands „Watch What Happens“ für Jacques Demys „Les Parapluies de Cherbourg/Die Regenschirme von Cherbourg“ (1964) passt perfekt ins Konzept, weil die Melodie für Ran Blake „den Schmerz und das Leid vieler Charaktere in den Chabrol-Filmen“ perfekt symbolisiert. Ein wahrhaft spannendes Hörvergnügen!
(Impulse!/Universal)
