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Peter Füssl · 12. Apr 2018 · CD-Tipp

Mathias Eick: Ravensburg

Mit seinem vierten, im Osloer Rainbow Studio von ECM-Chef Manfred Eicher produzierten Album setzt der als Trompeter bekannte norwegische Multiinstrumentalist Mathias Eick seinen erstklassigen Output auf dem Münchner Label eindrucksvoll fort. Diente ihm für das vor drei Jahren erschienene „Midwest“ die Geschichte der runden Million Norweger, die im 19. und 20. Jahrhundert vorwiegend in den Mittleren Westen der USA ausgewandert waren als Inspirationsquelle, so ist es dieses Mal seine engere Familiengeschichte.

„Ravensburg“ verweist auf den Geburtsort einer seiner Großmütter, denen er mit „For My Grandmothers“ gleich noch ein Stück widmet. In dieselbe inhaltliche Kerbe schlagen Kompositionen wie „Family“, „Children“, „Friends“, „Parents“ und „Girlfriend“, und mit „August“ setzt er einen persönlichen Spleen fort, auf jeder Produktion mindestens einen Titel mit einem Monatsnamen zu haben. Vom Musikalischen her hat Mathias Eick das „Midwest“-Konzept durch die Hereinnahme eines weiteren Rhythmikers erweitert und verfeinert. Wollte man die Tonspuren des exzellenten Interplays von Drummer Torstein Lofthus mit dem Perkussionisten Helge Andreas Norbakken separieren, würde das angesichts der rhythmischen Finessen und des Farbenreichtums ein veritables Rhythmus-Duo-Album ergeben. Nicht weniger eindrucksvoll sind die Soli und Dialoge der beiden Melodiker, des jungen Geigers Håkon Aase, in dessen Spiel sich Elemente aus Folk, Jazz und zeitgenössischer Improvisationsmusik ausmachen lassen, und des Bandleaders, der neben seiner stimmungsvollen Trompete erstmals auch mit nonverbalen Gesangslinien Atmosphäre schafft. Als Bindeglied zwischen diesen beiden Paaren fungieren Pianist Andreas Ulvo und E-Bassist Audun Erlien, die ganz wesentlich zum geschlossenen, sich stimmig durch alle acht Kompositionen ziehenden Ensembleklang beitragen, der Eick eindeutig wichtiger erscheint als protzige solistische Glanzlichter. Die Songs evozieren Bilder von betörender Schönheit, kombinieren oftmals Melancholie und Gelassenheit mit einer meist von den Schlagzeugern ausgehenden dezent quirligen, energiegeladenen Unruhe, was sich schließlich in einer irgendwie mysteriös-zauberhaften Stimmung verdichtet. „Ravensburg“ geht zwar leicht ins Ohr und nimmt sofort gefangen, jeder weitere Durchlauf offenbart aber verborgenere Aspekte eines immensen musikalischen Reichtums und bringt somit einen beachtlichen Mehrgewinn an Hörvergnügen.    

(ECM/www.lotursrecords.at)

Konzert-Tipp: Mathias Eick präsentiert „Ravensburg“ am 26.4. im Unterfahrt München und am 23.9. im Theater Landsberg.