Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Peter Füssl · 15. Dez 2021 · CD-Tipp

Mareike Wiening: Future Memories

Frauen haben längst erfolgreich hinter den Drums Platz genommen – von Terri Lyne Carrington bis Sheila E., von Marilyn Mazur bis Cindy Blackman –, von wo aus sie gerne gleich auch die Bandleaderschaft übernehmen. So nun auch die 34-jährige, aus dem fränkischen Erlangen stammende Schlagzeugerin und Komponistin Mareike Wiening, die in Mannheim, Kopenhagen und an der New York University unter anderem bei Stefon Harris, Guillermo Klein, Django Bates und Marilyn Mazur studierte. Mittlerweile lebt sie seit 2019 wieder in Deutschland, ihr Quintett stellte sie aber noch während ihres sechsjährigen Aufenthalts am Big Apple zusammen.

Der amerikanische Pianist Glenn Zaleski, der kanadische Gitarrist Alex Goodman und der deutsche Kontrabassist Johannes Felscher sind wie Wiening in den Dreißigern, einzig der stark in der New Yorker Szene verankerte Tenorsaxophonist Rich Perry zählt bereits zu den alten Hasen im Business. Man kennt sich bestens von ausgedehnten Tourneen durch Europa, die USA und Brasilien, und schon das Debütalbum „Metropolis Paradise“ (2019) ist auf dem Greenleaf Music-Label des prominenten Trompeters Dave Douglas erschienen, der nun auch das bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie in Köln aufgenommene „Future Memories“ koproduzierte. Folglich geht man die acht neuen, rhythmisch, harmonisch und melodisch durchaus tricky angelegten, Kopf und Bauch gleichermaßen ansprechenden und von Mareike Wiening den Musikern bewusst auf den Leib geschriebenen Eigenkompositionen mit viel Verve und hörbarer Spielfreude an. Vor allem der vielfach unorthodoxe Zusammenklang von Gitarre und Piano eröffnet interessante Klangräume. Für den Opener „Northern Sail“ ließ sie sich von Wind, Wasser und Natur Norwegens inspirieren, in „El Escorial“ hat sie voller Ecken und Kanten Eindrücke von einem Folklore-Fest in der Nähe Madrids mit einfallsreich integrierten spanischen Rhythmen verarbeitet. Die melancholische Grundstimmung von „An Idea Is Unpredictable“ wird von der Bandleaderin mit einem dezent unterlegten Dauersolo handfest vorangetrommelt. Die Stücke sind gute fünf bis knappe acht Minuten lang und bieten somit durchaus auch Raum für ergiebige Improvisationen. So etwa das quicklebendige, Bebop-infiltrierte „RiChanges“ oder das balladenhafte Titelstück – in den beiden sehr unterschiedlichen Kontexten kann Rich Perry mit besonderer Ausdrucksstärke brillieren. Mareike Wiening – eine tolle Neuentdeckung mit Zukunftspotential!  

(Greenleaf Music)