Malia: Black Orchid
Wer nur an eine nackt auf Highheels durch London stöckelnde langbeinige Schönheit denkt, wenn er den Namen Malia hört, sollte schleunigst jenen geistigen Entwicklungsschritt vollziehen, den die bislang zwischen Soulpop und Loungejazz angesiedelte Sängerin seit „Purple Shoes“ in den letzten zehn Jahren hinter sich gebracht hat.
Denn „Black Orchid“ ist nicht nur eine gelungene Hommage an Nina Simone, die 2003 verstorbene, gleichermaßen vergötterte wie verzweifelte Souldiva und musikalische Stimme der schwarzen amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der Sechziger Jahre. Vielmehr gelingt es Malia mit ihrer ausdrucksstarken, rauen, mitunter zerbrechlich wirkenden Stimme jeden – auch den abgegriffensten – Song aus der heutigen, selbstbewussten Sicht einer erfolgreichen schwarzen, in einer weißen Mehrheitsgesellschaft lebenden Frau neu zu interpretieren. Dabei weiß die bis zu ihrem 14. Lebensjahr in Malawi und später in London aufgewachsene Tochter einer Afrikanerin und eines weißen Briten sehr genau Bescheid über ein durch Rassismus und Segregation bestimmtes Leben, ist somit eine Seelenverwandte von Nina Simone und kann deren mal melancholische, mal kämpferische Verzweiflung durchaus nachempfinden. Dabei gelingt es Malia mit ihrem französischen Quartett, dem ohnehin schon hochkarätigen Songmaterial durch äußerst reduzierte und höchst einfallsreiche Arrangements, ausgefallene Instrumentierung, mitunter auch durch Verlangsamung zusätzlichen Tiefgang zu bescheren. Klassiker wie „My Baby Just Cares For Me“, „Don’t Explain“ oder „Four Women“ erfahren dadurch eine weitere, gleichermaßen grundlegende wie zeitlose Neuinterpretation mit Gänsehautfaktor. Malia, die als Vorbilder neben Nina Simone auch Billie Holiday, Sarah Vaughan oder Ella Fitzgerald nennt, hat mit „Black Orchid“ ihren ersten Meilenstein in Sache „Vocal Jazz“ vorgelegt – und schön ist sie noch immer, mit und ohne Highheels.
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