Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 27. Jun 2017 · CD-Tipp

Lorde: Melodrama

Als sie 16 war, wurde Ella Marija Lani Yelich-O’Connor aus Auckland/Neuseeland, besser bekannt als Lorde, mit Songs, die sie teilweise schon als 14-Jährige geschrieben hatte, zum Superstar. „Royals“, „Tennis Court“ und „Team“ schossen weltweit in die Charts, das dazugehörende Album „Pure Heroine“ verkaufte sich mehr als vier Millionen Mal. Vier Jahre und zwei Grammys später ist aus dem wundersam altklugen Teenie mit der großen Stimme und den verblüffend erwachsenen Songs eine 20-Jährige geworden, die gelernt hat, erst einmal mit ihrer plötzlichen Berühmtheit klarzukommen, ohne sich selbst zu verlieren.

Wertvolle Tipps dazu kamen von einem ihrer großen Vorbilder, das sich auch als prominenter Verehrer ihrer Songwriter-Qualitäten outete – David Bowie. Auch auf „Melodrama“, das seinem Titel voll und ganz gerecht wird, steht nun wieder Autobiographisches im Zentrum. Trennungsschmerz und die Lust am Single-Dasein, Einsamkeit und Partyfieber, durchtanzte Nächte und verweinte Augen – die Welt in Lordes Songs besteht aus einem knallbunten Reigen an unterschiedlichsten Gefühlen, denen sie mit ihrer extrem ausdrucksstarken und wandlungsfähigen Stimme eine enorme Intensität verleiht. Euphorie, Trauer, Wut, Hysterie, Verletztheit, Verzweiflung. Mit Hilfe von Jack Antonoff, selbst ein „Wunderkind“ mit Welthit-Erfahrung und beachtlichen Erfolgen als Produzent, hat sie für jede Biegung und Kurve in ihrer emotionalen Achterbahnfahrt den passenden musikalischen Soundtrack gefunden. Da sind kraftvolle, in die Beine fahrende, lässig zwischen Retro-Charme und Future-Klängen orchestrierte Dance-Tracks ebenso zu finden wie – erstmals im Oeuvre der Neuseeländerin – zartschmelzende Piano-Balladen („Liability“, „Writer In The Dark“). Unendlich Zartes und Brachiales prallen unvermittelt aufeinander, Lordes Stimme schafft mühelos den Spagat zwischen ängstlicher Zerbrechlichkeit und wütendem Aufschrei. Das mag vielleicht pathetisch daherkommen, aber nie peinlich. So genial wie „Pure Heroine“ als Teenager-Album war, ist jetzt „Melodrama“ als Ausdruck einer selbstbewussten und ihren Ausnahmestatus realisierenden, aber keineswegs überheblichen jungen Frau. Großer Pop, ehrlich und nicht zu glatt gebürstet.

(Universal)