Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Peter Füssl · 10. Mai 2021 · CD-Tipp

How Noisy Are The Rooms? – Almut Kühne / Joke Lanz / Alfred Vogel

How Noisy Are The Rooms? nennt sich das Trio der deutschen Vokalistin Almut Kühne, des Schweizer Turntablisten und Performance-Künstlers Joke Lanz – beide leben in Berlin – und des in Bezau stationierten Schlagzeugers und Produzenten Alfred Vogel. Gemeinsam reiten sie eine gnadenlose Attacke gegen alle üblichen Hörgewohnheiten.

Lange sucht das Gehirn via Ohren verzweifelt nach gewohnten Anhaltspunkten, nach tonalen Strukturen, irgendwann gibt es das auf und sich dem akustischen Wahnsinn hin. Lustvoll spielt man verkehrte Welt, in der das Noise-Chaos die Normalität widerspiegelt, in die Tonales höchstens tröpfchenweise oder wie im „Love Song“ als kitschig-absurde Parodie infiltriert wird. Joke Lanz schleudert Soundschnipsel, Noise-Fragmente, Störgeräusche, Hupen, Zischen, Wabbern, Klappern ins Geschehen, Almut Kühne antwortet mit halsbrecherischer Stimmakrobatik, kakophonischen Wahnsinnspartituren, Sprachfetzen, comicartigen Pseudodialogen, Zwitschern, Gackern, Ächzen, Stöhnen, Kreischen, Trillern – in „Amma Chenne Cha“ scheint sie auf Arabisch zu rappen, was einer üblichen vokalen Äußerung seltsam nahekommt. Alfred Vogel spielt vergleichsweise den konventionellsten Part, hält zusammen, was permanent auseinanderdriften will, aber auch er schleudert die Hörerschaft aus der Spur, bevor sie es sich gemütlich machen kann. Mit Freude an kreativer, irgendwie sympathisch wirkender Anarchie wird Dekonstruiertes dekonstruiert, reibt sich die Reibung an der Reibung, wird Chaos zum Normalzustand. Im Label-Text zum Album, das übrigens nur auf Vinyl und digital erscheint, ist von einem „postmusikalischen Wimmelbild“ die Rede, was die Sache vermutlich sehr gut trifft. Wer dieses Album auflegt, gerät – angesichts aller gängigen Vorstellungen von dem, was sich auf einem Tonträger abspielen kann – unweigerlich in des Teufels Küche. Wer dort ohnehin immer schon einmal hinwollte, voilà, der sollte diese einzigartige Gelegenheit nützen. 

(Boomslang Records/Vertrieb: Galileo Music)