Neu in den Kinos: „Teaches of Peaches" Musikdoku des gebürtigen Vorarlbergers Philipp Fussenegger (Foto: Avanti Media Fiction)
Peter Füssl · 15. Dez 2022 · CD-Tipp

Here It Is: A Tribute to Leonard Cohen

Um gleich mit dem Fazit zu beginnen: Es gibt keinen besseren Interpreten für die melancholischen, durch eine magische Poesie gekennzeichneten Songs von Leonard Cohen als den 2016 verstorbenen kanadischen Großmeister selber, der als Songschreiber, Poet und mitunter auch nur düster grummelnder Sprechsing-Akrobat in Personalunion eine unerreichbare Faszination auf mehrere Generationen von Fans ausübte. Aber es gibt auch kaum einen vergnüglicheren Weg, zu diesem Resümee zu gelangen, als sich dieses vom langjährigen Cohen-Freund und extrem erfolgreichen Produzenten Larry Klein verantwortete Tribute-Album anzuhören. Das fängt schon bei der mit Gitarrist Bill Frisell, Saxophonist Immanuel Wilkins, Pianist Kevin Hays, Bassist Scott Colley und Drummer Nate Smith extrem hochkarätig besetzten Begleitband an, die fallweise durch Pedal-Steel-Gitarrist Greg Leisz und Keyboarder Larry Goldings zum Septett erweitert wird.

So zählen auch – zumal aus der Sicht des Jazz-Fans – die rein instrumentalen Versionen der Cohen-Hits „Avalanche“ und „Bird on The Wire“ zu den  Highlights dieses Albums: Ersteres unter der Ägide von Wilkins mit exzessiven Einwürfen dramatisiert, Letzteres unter jener von Frisell mit sentimentalem Country-Twang zur herrlichen Laid-back-Ballade stilisiert. Die Qualität der Musiker wird natürlich auch in der bloßen Begleitfunktion für die zehn unterschiedlichen Sänger:innen deutlich, obwohl die Band dezent im Hintergrund agiert, um die mehr oder weniger spannenden Interpretationen der einzigartigen Lyrics ins Rampenlicht zu stellen. Vieles spielt sich im erwartbaren Bereich ab. Norah Jones verblüfft bei „Steer Your Way“ noch am ehesten damit, dass die letzte Zeile des Refrains „Thought by thought“ verdächtig nach „Fuck by fuck“ klingt. Gregory Porter taucht den Überhit „Suzanne“ in schmeichelweiche Dramatik, Sarah McLachlan garniert „Halleljuah“ mit einer ordentlichen Portion Herzschmerz, und Luciana Souza bleibt bei „Hey, That’s No Way to Say Goodbye“ schlicht zu brav. Das kann man von Iggy Pop keineswegs behaupten, der „I Want It Darker“ mit ultratiefer, heiserer Sprechstimme zum düsteren Thriller macht. Ebenfalls überraschend tief angelegt hat James Taylor „Coming Back to You“, während der britische Songwriter David Gray bei „Seems So Long Ago, Nancy“ erfolgreich die genaue Gegenrichtung einschlägt und besonders hoch intoniert. Mavis Staples legt religiöse Inbrunst in „If It Be Your Will“, und Folkrocker Nathaniel Rateliff findet in „Famous Blue Raincoat“ den passenden Mittelweg zwischen Coolness und Betroffenheit. Larry Klein ist hoch anzurechnen, dass er nicht nur auf Top-Hits gesetzt hat, sondern auch die textlichen und melodischen Qualitäten von Songs, die – vielleicht zu wenig beachtetet – ein Mauerblümchendasein fristen, ins Rampenlicht beförderte. Und weil’s gerade Dezember ist: Ein mehrheitsfähiges Weihnachtsgeschenk, über alle musikalischen Lager hinweg.

(Blue Note/Universal)