Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Gunnar Landsgesell · 16. Dez 2022 · Film

Avatar: The Way of Water

Mit "Avatar: The Way of Water" setzt James Cameron sein Epos fort. Dramaturgisch mau, aber mit starkem Fokus auf den Schutz unseres Planeten, wird der Film zur Anklage gegen die menschliche Rücksichtslosigkeit.

In einem glaubt man James Cameron wirklich, dass es um ein Anliegen geht: Die fantasievoll gestalteten Lebewesen, die das Meer in „Avatar: The Way of Water" bewohnen, sind mit echter Hingabe gestaltet. Hier schweben Organismen durch das Bild, die Fischen oder Wasserschildkröten oder Walen auf den ersten Blick ähnlich sehen, aber dann doch ein wunderbares Eigenleben entwickeln. Beim restlichen Film hingegen gleicht der erste Blick auch dem zweiten: Gefühlt die Hälfte des über dreistündigen Films besteht aus Kriegsszenen, die zwar verhältnismäßig unblutig visualisiert wurden, aber weder ein Eigenleben haben, noch etwas Neues vermitteln. Man fragt sich: Haben die Schöpfer des Films das als Kalkül an eine Erwartungshaltung des Publikums eingebaut? Oder soll dem Anliegen Camerons, von der Zerstörung der Natur zu berichten, dadurch Nachdruck verliehen werden? Aber auch die Akteure des Films wirken durchwegs eindimensional: gut designed, aber letztlich bleiben sie Avatare ohne ein wirkliches Eigenleben. So spürt man den Druck, der auf dem 300-Millionen-Dollar-Sequel lastet: Experimente wurden gescheut, Bewährtes gesucht (und ganz in US-amerikanischer Dramaturgie umgesetzt), während andererseits thematisch der Anschluss an das Jahr 2022 vollzogen wurde: die Klimakrise, der Schutz der Umwelt und die Schneise der Vernichtung, die der Mensch in nur 150 Jahren Industriezeitalter über den Planeten gezogen hat, sind offensichtlich. Zumindest in diesem Punkt ist Cameron so glasklar wie seine Unterwasserwelten: die düsteren Bilder von stählernen Kampfrobotern, Flugzeugen, Waffen, Harpunen drücken einen tiefen Pessimismus aus. Das anthropogene Zeitalter bringt keinerlei Segen (der liegt, esoterisch aufgeladen, bei den Naturvölkern), sondern nur Zerstörung mit sich. Augenfällig ist dabei, in wie vielen Szenen es der Jugend zukommt, den Lauf der Dinge zu ändern, das Ruder herumzureißen. Hier beweist „Avatar 2" eine Aufmerksamkeit gegenüber der "letzten" Generation, die überrascht.

Auf halbem Weg steckengeblieben

Angesichts des großen Themas, dem der Film sich stellt, wirkt die episodische Handlung recht banal. „Avatar 2" setzt die Erzählung von Jake (Sam Worthington), dem Ex-Marine der zum Mitglied der Forest People, der Na'vi wurde, einfach fort. Nun hat er eine Frau (Zoe Saldana) und Kinder: die Söhne Neteyam (James Flatters) und Lo'ak (Britain Dalton), die Tochter Tuk (Trinity Jo-Li Bliss). Mit dabei ein menschlicher Jugendlicher, Spider (Jack Champion), dessen rosa Haut erst ein paar bläuliche Zeichnungen aufweist. Er wird zum Grenzgänger in Camerons manichäischem Weltbild. Weil die Sky People, also die Menschen, immer noch auf Beutezug sind, flüchten die Sullys zu den Sea People, mit denen sie schließlich vereint den Kampf gegen die Menschen aufnehmen. Parolen wie „The family is our fortress" wirken dabei auf irritierende Weise verstockt und widersprüchlich: Denn während Cameron völlig richtig auf der einen Seite eine junge Generation als treibende Kraft der Erneuerung skizziert, greift er auf der anderen Seite auf gesellschaftliche Bilder zurück, die dazu gar nicht passen. Schade ist auch, dass der Film in der Utopie, die er in der vor der Zerstörung bedrohten Natur findet, dramaturgisch nie wirklich ankommt. Denn die Hälfte des Geschehens ist dem Kriegshandwerk gewidmet, womit man auf halber Strecke in eine bessere Welt stecken bleibt. Doch gerade für ein Projekt wie dieses wäre die Vision das höchste Ziel gewesen.