„Kaffee und Zucker?“ Dokumentartheater im TAK in Liechtenstein © Pablo Hassmann
Peter Füssl · 20. Apr 2020 · CD-Tipp

Giorgi Mikadze: Georgian Microjamz

Als der 1989 in Tiflis geborene, klassisch ausgebildete Pianist und Komponist Giorgi Mikadze, der in seiner georgischen Heimat bereits mit 12 Jahren als Solist sinfonischer Klavierkonzerte auftrat, seine Studien am Berklee College of Music und an der Manhattan School of Music aufnahm, traf er auf MusikerInnen aus Afrika, Indien und Asien: „Ihre Musik zu hören, inspirierte mich dazu, meine eigenen Wurzeln zu erforschen, und entfesselte zugleich den leidenschaftlichen Wunsch in mir, etwas bisher Noch-nie-Gehörtes zu erschaffen.“

Was läge also näher als die uralte und reichhaltige polyphone Tradition der georgischen Folklore und die ihr zugrunde liegende Mikrotonalität zu erforschen und sich geeignete Mitstreiter in Sachen Experimentierlust und Erfindungsreichtum zu suchen. Klarerweise war da der immer schon alle Genregrenzen sprengende Gitarrist und Musikwissenschaftler David Fiuczynski die beste Adresse, begann der Mann an der Doppelhalsgitarre nach den Erfolgen mit seiner experimentellen Fusion-Rock-Band Screaming Headless Torsos und diversen anderen Free-Funk-HipHop-Klezmer-Afro-Crossover-Projekten doch schon vor rund zehn Jahren damit, sich an der bundlosen Gitarre und in dem von ihm gegründeten Institut Planet MicroJam intensiv mit Mikrotonalem in Jazz und Ethno-Musik auseinanderzusetzen. Mit dem griechischstämmigen Bassisten Panagiotis Andreou und dem Drummer Sean Wright waren rasch weitere musikalische Freigeister der New Yorker Szene gefunden, um Mikadzes Eigenkompositionen und Bearbeitungen georgischer Folklore in eine faszinierend fremdartig klingende Mixtur aus archaischen und ultramodernen Ingredienzien umzusetzen. Besonders spannend wird es zum Beispiel, wenn die traditionellen Männergesangsstimmen des staatlichen georgischen Ensemble Basiani in den zupackenden, mikrotonalen Fusion-Funk-Sound integriert werden, einmal wird sogar auf Georgisch gejodelt. Von ganz besonderer Intensität ist „Moaning“, ein von der georgischen Sängerin und Ethnomusikologin Nana Valishvili kraftvoll intoniertes, über einen eindringlichen Rockrhythmus gelegtes, traditionelles Klagelied für die Opfer des Russisch-Georgischen Krieges um Südossetien im August 2008. Beim Anhören dieses Albums kann man Igor Strawinskys berühmtem Statement „Georgian folk music has more new music ideas than all the contemporary music“ jedenfalls einiges abgewinnen.

(RareNoise)