Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 27. Jun 2018 · CD-Tipp

Eels: The Deconstruction

Eigentlich wollte Mark Oliver Everett, der sich gerne E nennt, vor ein paar Jahren den Bettel hinschmeißen – ausgepowert und ohne Visionen, wie es mit ihm und den Eels weitergehen sollte. Schließlich hatte er seit 1995 in elf Alben jedes noch so desaströse Kapitel seiner katastrophenreichen Biographie in oftmals exzellenten Songs aufbereitet und war so zu einer Art umjubeltem Schmerzensmann des Indie-Rock geworden. Nach einer vierjährigen Auszeit macht Everett aber nun mit „The Deconstruction“ doch das Dutzend an Alben voll und ringt seiner depressiven Weltsicht sogar ein bisschen Optimismus ab, wie der Titelsong schon deutlich macht: „The deconstruction has begun / time for me to fall apart (...) the reconstruction will begin / only when there’s nothing left“.

Auch „Today Is The Day“ und „You Are The Shining Light“ sind für Eels-Verhältnisse außergewöhnliche „Gute-Laune“-Lieder. Der leicht hoffnungsfroh-fatalistische Grundtenor lässt sich aus dem Song „Premonition“ herauszufiltern: Du kannst töten oder getötet werden, die Sonne wird am nächsten Tag auf jeden Fall scheinen – „it’s not the weight you carry / it’s how you carry it / we can get through anything / we can take the hit“. Zum blauäugig-optimistischen Lebensberater taugt Everett aber dann doch nicht, zu rau, gepresst und sorgengetränkt wirkt seine nach wie vor unter die Haut gehende Stimme, die jeden Song zu einem emotionalen Ereignis werden lässt. Folglich sind es die Balladen, die auf „The Deconstruction“ eine besondere Intensität ausstrahlen: das erwähnte „Premonition“ zur gezupften Gitarre mit Engelschören verschönert, das inhaltlich in dieselbe Kerbe schlagende „Be Hurt“, oder die Piano-Ballade „There I Said It“. Kunstvolle Arrangements mit schmachtenden Streichern und Synthie-Klimbim erhöhen den emotionalen Gehalt – etwa bei „Sweet Scorched Earth“ –, der mitunter in Kitsch-Nähe geriete, fände er nicht doch noch einen Kontrast in den Texten. Einigen Pfeffer bringen Fuzz-Gitarren, etwa im düster-rumpelnden „Bone Dry“, in dem E beklagt, dass man ihm das ganze Blut ausgesaugt habe. Aber „Change“ ist vermutlich das neue Lieblingswort von Mark Oliver Everett, und er meint es genau entgegengesetzt zu dem, was die populistischen Blutsauger so alles proklamieren, denn im Eels-Universum wird auch die finsterste Düsternis noch von einem zarten Strahl der Hoffnung durchbrochen. „The Deconstruction“ ist kein durchkonzipiertes Album, sondern hat eher Patchwork-Charakter, was zu den universellen Problemen, die Everett erstmals jenseits seiner Selbstbespiegelungsthemen anspricht, gar nicht so schlecht passt. (Pias/E Works)

Konzert-Tipp: Eels sind am 16.7. in der poolbar in Feldkirch und am 17.7. in der Arena in Wien zu Gast.

Eels in München: Am 25.6. gastierten Eels in der ausverkauften Tonhalle in München. Everett & Co. gaben sich bestens gelaunt und sehr spielfreudig. Von den sanften Tönen der aktuellen CD war allerdings nichts zu hören, keine Streicher und kein Piano, stattdessen volle Konzentration auf die Gitarren, die permanent gewechselt wurden. Sie gingen sehr rockorientiert zur Sache, spielten vieles schneller und alles härter. Von den 15 Titeln auf "The Deconstruction" standen nur vier auf der Set-List ("Bone Dry", "Rusty Pipes", "Today is The Day", "You Are The Shining Light"), ansonsten ging es quer durch die Band-Geschichte inklusive "Hits" wie "Novocaine for the Soul", "Souljacker, Part 1" oder "Mr. E's Beautiful Blues". Auch der guten alten Tradition, die eigenen Songs mit ein paar Covers aufzulockern, bleiben Eels auf dieser Tour treu: in München spielten sie "Out in the Street" von The Who und die Prince-Titel "When You Were Mine" und "Raspberry Street". Der tobende Applaus des Publikums wurde mit mehreren Zugaben belohnt. Eine Erwähnung verdient auch That 1 Guy, der kalifornische Musiker und Technik-Freak Mike Silverman, der auf seiner selbstgebastelten Magic Pipe den Abend sehr unorthodox und somit sehr passend für die Eels einläutete.