Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Peter Füssl · 06. Mai 2019 · CD-Tipp

Daniel García Trio: Travesuras

Bereits mit dem knapp acht Minuten langen Opener „Porto de rabia y miel“, der einzigen Fremdkomposition des Albums, wird klar, wohin die Reise geht. Sie stammt vom Gitarristen Paco de Lucia und dem Sänger Camarón de la Isla, die in den frühen 1970-er Jahren im Duo die starren Traditionen des Flamenco aufbrachen – ein Anliegen, das auf der Wunschliste des 35-jährigen Daniel García ebenfalls ganz oben stehen dürfte. Der aus Salamanca stammende, gleichermaßen experimentierfreudige wie virtuose Pianist, der sich – nach einer klassischen Ausbildung – bei Danilo Pérez am Berklee College of Music den letzten musikalischen Feinschliff geholt hat, entführt die Zuhörer auf eine rhythmisch und harmonisch waghalsige, mit farbenprächtigen, eingängigen Melodien angereicherte Expedition durch ein musikalisches Spannungsfeld aus Flamenco, zeitgenössischem Jazz und Klassik.

Seine langjährigen Weggefährten – Kontrabassist Reinier Elizarde „El Negrón“ und Drummer Michael Olivera – rasen mit ihm durch den voller Überraschungen steckenden musikalischen Parcours, schwelgen mit ihm in einem vierteiligen Zyklus impressionistischer Klangbilder, die dem katalanischen Komponisten Frederic Mompou gewidmet sind, oder bürsten mit ihm gemeinsam das Traditional „Vengo de moler“ nach allen Regeln der Kunst gegen den Strich – so, dass es schließlich richtig rockt. Der Madrilene Jorge Pardo, ein verdienter Veteran des Flamenco-Jazz, steuert mit der Flöte auf zwei Stücken weitere Sahnehäubchen bei. Obwohl Daniel García, der sich selbst einen Eklektiker nennt, vor Ideen überzuschäumen scheint und sich durch keinerlei Genregrenzen einengen lässt, schleicht sich nie das Gefühl von Beliebigkeit ein. Vielmehr versteht er es perfekt, die wirkungsmächtigsten Ingredienzen der Traditionen und Stile – ausdrucksstark und intensiv musiziert – zu etwas Eigenständigem zu verbinden. Wie erfolgreich man mit Flamenco-Adaptionen sein kann, demonstrierte letztes Jahr die junge katalanische Sängerin Rosalía im Pop-Bereich, vielleicht gelingt Daniel García heuer ein ähnliches Husarenstück in Richtung Jazz.

(ACT)