"Mit einem Tiger schlafen": Anja Salomonowitz‘ Spielfilm über die Künstlerin Maria Lassnig derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: Stadtkino Wien Filmverleih)
Peter Füssl · 29. Jul 2019 · CD-Tipp

Brandt Brauer Frick: Echo

Neo-Klassik, Neue Musik, Techno, Minimal Music, Minimal Techno, Jazz, Elektro-Pop – den drei Berliner Musikern Daniel Brandt, Jan Brauer und Paul Frick sind längst alle Schubladen zu eng geworden, wenngleich sie mit ihren intensiven musikalischen Experimenten Fans in allen genannten Lagern gefunden haben und auf dem Montreux Jazz Festival oder dem kalifornischen Coachella Music and Arts Festival ebenso spielten wie in der Royal Albert Hall oder im Berliner Techno-Tempel Berghain. Ihr fünftes Album „Echo“ dient nun auch der Reflexion, feiert man doch damit das zehnjährige Bestehen des Trios, das auf der Bühne mittlerweile längst schon bis zum zehnköpfigen Ensemble erweitert wurde. Denn Brandt Brauer Frick entwickelten sich schon gleich in den Anfängen vom reinen Elektronik-Trio weg und ließen die verwendeten Sounds von realen Musikern auf klassischen Instrumenten einspielen.

So finden sich im Line-up des Albums auch wieder teils vertraute Namen wie Maria Sawada und Grégoire Simon (Violine), Andreas Voss und Boram Lie (Cello), Gunnhildur Einarsdóttir (Harfe), Florian Juncker (Posaune) oder Matthias Engler (Percussion). Schlagwerk, Bass, Tasteninstrumente und Synthesizer bedienen Brandt Brauer Frick ja selber. Absolut sehenswert und sehr aufschlussreich für das angestrebte „Techno ohne Technologie“-Projekt ist das eindrucksvolle Video zum Song „Masse“, das in der voll ausgerüstet wirkenden, in einem eigenartigen Dornröschenschlaf vor sich hindämmernden Technik-Ruine des nie in Betrieb gegangenen Atomkraftwerks Zwentendorf mit allen Akteuren gedreht wurde. Viele der Basic-Tracks für die elf neuen Stücke entstanden im Rahmen von Jam-Sessions und wurden von Brandt Brauer Frick in ausgetüftelten Kompositionen mit großer Präzision übereinander gelagert, ineinander verschoben, kunstvoll miteinander verwoben, sich wiederholend und doch variierend. Es entstanden hochenergetische, farbenreiche Sounds, kraftvoll pulsierende Rhythmen, zum Teil auch jene Techno-Grooves, die in den einschlägigen Tanztempeln gefordert sind. Man ließ sich im Vergleich zu den letzten Produktionen auch weniger auf Vokalisten ein, wenngleich die beiden Tracks mit der Pariser Les Rita-Mitsouko-Sängerin Catherine Ringer („Encore“) und der steirischen Singer-Songwriterin Anna F., die im Elektronik-Bereich unter dem Pseudonym Friedberg („Echoes“) tätig ist, sicherlich zu den Highlights des Albums gehören. Hier dominiert schon dramatisch wirkende kreative Unruhe, Brandt Brauer Frick gewähren kaum Erholungsräume. Paul Frick, der ein achtjähriges Kompositionsstudium bei Friedrich Goldmann an der Berliner Universität der Künste hinter sich hat, hält nichts von der Vorstellung, Musik sollte als Rückzugsort vom Alltagsstress fungieren: „Wir greifen diese Unruhe dann lieber auf, anstatt sie zu verdrängen. Wir machen also keine Musik, die einem dabei hilft, alle Probleme hinter sich zu lassen. Es geht im Gegenteil eher darum, die ganzen Aggressionen des Alltagslebens umzulenken und umzuwandeln – in etwas Positives.“ Ob das so funkitionert, ist schwer zu sagen, denn diese akustisch generierten Techno-Sounds mögen vielleicht nicht jedermanns Sache sein, aber spannend sind diese elaborierten Klangkunstwerke allemal.

(Because Music/Universal)