Bobo Stenson Trio: Contra la indecisión
Der schwedische Pianist Bobo Stenson ist ECM-Urgestein, konnte er sein Label-Debut mit "underwear" doch bereits 1971, also ein Jahr nach Firmengründung, feiern. Mit seinem Landsmann, dem Bassisten Anders Jormin, spielt er schon seit dreißig Jahren zusammen, und am Schlagzeug sitzt - nach großen Vorgängern wie Jon Christensen oder Paul Motian - nunmehr auch schon seit zehn Jahren Jon Fält. Das Trio ist also bestens eingespielt, und die Fans freuen sich nach sechsjähriger Pause wieder über dieses Lebenszeichen, zumal "Contra la indecisión" sicherlich zu den vielseitigsten und farbenreichsten Produktionen der Schweden zählt.
Piano-Poet Stenson schwelgt wieder in lyrischen Gefilden und macht sich in gewohnter Weise so disparates Ausgangsmaterial wie „Canción contra la indecisión“ des kubanischen Liedermachers Silvio Rodriguez, Erik Saties „Elégie“, Béla Bartóks „Wedding Song From Poniky“ oder „Canción y Danza VI“ des katalanischen Komponisten Frederic Mompou zu eigen. Mittels kreativer, aber durchaus respektvoller Neuarrangements legt Stenson die solchen Fremdkompositionen innenliegende Poesie frei und erzielt Wirkung, indem er sie aus ungewohnten Perspektiven beleuchtet. Seinen eigenen kompositorischen Output hält Bobo Stenson sehr knapp, dabei ist seine romantisch-aufwühlende Ballade „Alice“ ein durchaus eindrucksvoller Beleg für seine Könnerschaft. Höchst kompetenter Hauptkomponist des Trios ist sicherlich Anders Jormin, der fünf facettenreiche und mit allerlei Feinheiten gespickte Stücke beisteuert, die nicht nur ideale Vehikel für Stensons feingeistige Pianoexkurse sind, sondern auch die phänomenale Bogentechnik des Kontrabassisten ins Rampenlicht rücken. Jon Fält steht seinen Partnern in Sachen Kreativität und Einfühlungsvermögen in nichts nach und trägt viel zur nahezu telepathisch anmutenden Musizierhaltung des hochkarätigen Trios bei. Von „indecisión“, also Unentschlossenheit, kann hier ganz sicher keine Rede sein - großes Hörvergnügen!
(ECM/www.lotusrecords.at)
