Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 29. Mai 2023 · Musik

Between Worlds Ensemble & Avi Avital

Im Dialog mit musikalischen Ursprüngen

Das diesjährige Bodenseefestival steht unter dem Leitgedanken „über Grenzen“ und stellt unter anderem die vielseitige musikalische Welt des Mandolinisten Avi Avital in den Mittelpunkt. In Dornbirn wurde sein Auftritt als Solist mit dem Orchestra della Svizzera italiana stürmisch gefeiert. Ein Herzensprojekt des aus Israel stammenden Musikers stellt das Between Worlds Ensemble dar. Hier versammelt Avi Avital Musiker:innen aus aller Welt, um Musik aus allen Kontinenten und musikalischen Stilrichtungen in unkonventionellen Arrangements zusammenzuführen. Im Ravensburger Konzerthaus musizierte das Ensemble einen faszinierend vielfältigen Konzertabend. Die kluge Werkauswahl und die hervorragenden Spielarten machten den originären Wesenskern der Musik erlebbar.

Im Jahr 2014 gründete Avi Avital das Between Worlds Ensemble, dessen Intention bereits im Namen steckt. Mit acht Musikern und einer Harfenistin aus acht Nationen führte Avi Avital das Publikum in unterschiedliche musikalische Kulturkreise. Spanische Tänze von Enrique Granados und Manuel de Falle, Traditionals aus der Ukraine und der Türkei sowie ein Klezmer-Medley, Kompositionen von Béla Bartok und Igor Strawinsky und eine stimmige Komposition des britischen Komponisten David Bruce ergaben ein musikalisch weit gefasstes Kaleidoskop.
Die Vielfalt lebte einesteils von den originären musikalischen Ausdrucksformen der einzelnen Stücke und andernteils von der virtuosen Spielart der Ensemblemusiker:in. Mit höchster Konzentration und mit viel Kontakt zum Mandolinisten und Ensembleleiter Avi Avital agierten die hohen Streicher (Max Baillie, Vl; Davide Dalpiaz, Vl; Marc Kopitzki, Va), ein hervorragendes Fundament boten Jakob Nierenz (Vc), Massimo Pincha (Kb) und Luise Grandjean an der Harfe Farbe brachte der Flötist Stathis Karapanos mit Piccolo und Flöte ein. Besondere Aufmerksamkeit lenkten der sehr präsent wirkende Violinist Max Baillie sowie der herausragende Klarinettist Gilad Harel und der Perkussionist Amir Wahba auf sich.

Mehrere Höhepunkte

Avi Avital musizierte mit viel Esprit und farbenreicher Tongebung. Den Höhepunkt des Abends bildete jedoch das Klezmer-Medley von Gilad Harel, mit dem der Klarinettist die Zuhörenden vollkommen in seinen Bann zog. So vielgestaltig und mitteilsam, wie er den Klarinettenpart ausgestaltete, mit dem typischen Krechz, Glissandi, Slap-Tongue, den Spaltklängen und schwindelerregenden Ornamentierungen, ließ er eine unglaublich reichhaltige musikalische Bilderwelt entstehen. Ein ebenso eindrückliches Erlebnis bescherten Avi Avital an der Mandoline und Amir Wahba an der Perkussion dem Publikum mit dem türkischen Traditional „Nacyem, Nacyem“, das zugleich lyrisch und virtuos, rhythmisch vielgestaltig und poetisch über die Bühne kam. In einen ausdrucksstarken Dialog traten die Ensemblemitglieder in der Suite über ukrainische Melodien der Krimtartaren. Besonders Max Baillie verlieh dem Stück mit seinem Violinsolo einen sensiblen Charakter.
Mit drei Werken aus dem berühmten „Mikrokosmos“ von Béla Bartok sowie zwei Abschnitten aus Strawinskys Ballett „Pulcinella“ verwies das Between Worlds Ensemble eindrücklich darauf, wie Volksmusik ganz selbstverständlich und organisch in die Kunstmusik einfließen kann. Zudem zeichneten Tänze aus Spanien und das Werk „Cut the Rug“ des englischen Komponisten David Bruce die zugrundeliegenden Intentionen beziehungsreich und spannungsgeladen nach. In diesen Werken führte die musikalische Reise mit Idiomen vom südeuropäischen über den arabischen bis hin zum zentralasiatischen Kulturkreis. Virtuos öffneten die Musiker und Musikerin melodische und rhythmische Räume, die die Sinne belebten und die Zuhörenden in Jubelstimmung versetzten.