Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Karlheinz Pichler · 23. Okt 2022 · Ausstellung

„Pneuma“: Oliver Bischof thematisiert im ZollART Koblach die „Ästhetik des Verschwindens“

Der 1969 in Dornbirn geborene Bildhauer Oliver Bischof setzt sich im Rahmen einer installativen Versuchsanordnung zur „Pneumopathologie“ im ZollART Schauraum in Koblach, einer Dependance der Künstlervereinigung Kunst Vorarlberg, dem Prozess der Vergänglichkeit auf die Spur.

Konkret ist im Inneren des ehemaligen Zollhäuschens am Rheindamm an der Grenze vom vorarlbergerischen Koblach zum schweizerischen Montlingen ein Objekt aus Heißluftballon-Seide, also aus beschichtetem Polyamidgewebe zu sehen. An der Außenseite des Fensters ist auf einer roten Schiene ein roter Knopf angebracht, der den Betrachter zum Betätigen auffordert. Daraufhin wird ähnlich wie bei Luftburgen Luft in den Stoff eingeblasen und das textile Material bauscht sich zu einem ballonartigen Gebilde auf. Ist das Objekt voll aufgeblasen, entweicht die Luft langsam wieder über angebrachte Schlitze sowie die eigene Schwerkraft des Materials.     

Art ond Demand        

Der gesamte Vorgang dieser installativ aufgezogenen und anschaulichen „Art on Demand“, die die Ästhetik des Verschwindens sinnlich erfahrbar machen soll, dauert gerade einmal zwei Minuten.            
„Pneuma“, so der Titel der Ausstellung, könnte man als eine für Oliver Bischof typische Arbeit bezeichnen. Denn dem Künstler, der heute in Zwischenwasser bei Rankweil lebt und arbeitet und zunächst an der Höheren Technischen Bundes-, Lehr- und Versuchsanstalt in Wien eine Ausbildung zum Textilchemieingenieur absolvierte und anschließend bei Brigitte Kowanz und Richard Deacon an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien studierte, geht es in seinem Schaffen immer wieder um die Auslotung von Grenzen zwischen unterschiedlichen Disziplinen wie etwa Naturwissenschaft, Kulturgeschichte und Theologie.      
Auch beim Projekt „Pneuma“ – der Begriff leitet sich aus dem griechischen „pneúma“ –  
„Geist, Hauch, Luft, Atem“ ab – geht es letztlich um die Verschränkung alter, teils philosophischer Überlegungen und Überlieferungen mit zeitgemäßen Erkenntnissen und physikalischen Abläufen. Dazu erläutert der Künstler, der dereinst auch einmal als Assistent für Daniel Spoerry tätig war: „In der antiken Medizin des Mittelmeerraums stellte man sich das luftartig und sehr feinteilig gedachte Pneuma als materielle Lebenskraft vor, die für physiologische (physische und psychische) Vorgänge verantwortlich ist. Eine wichtige Rolle spielte das als luftartiger Stoff und vom Herzen ausgehende vorgestellte Pneuma als alles durchdringende und ihrer Substanz nach zwischen Feuer und Luft anzusiedelnde Lebenskraft in der durch Athenaios von Attalaeia gegründeten antiken Ärzteschule der Pneumatiker. Die Vorstellung des „pneuma“ geht auf Aristoteles zurück, welcher darin zunächst lediglich warme Luft sah. Die Stoiker entwickelten diesen Begriff des „pneuma“ aber weiter und verwendeten ihn, um so alle Funktionen eines lebenden Organismus zu erklären. Durch dieses „pneuma“ entstünde eine Verbindung aller Dinge miteinander und somit auch die Fähigkeit zur Kommunikation und zum Mitleid für andere. Alles ist somit miteinander verbunden und eigentlich nur Teil eines großen Ganzen.      
Obwohl die Objekte des schwerpunktmäßig auf minimalistisch konzeptuelle Raumkunst sowie Projekte im öffentlichen Raum fokussierten Künstlers mitunter sehr „kopflastig“ sind, entbehren sie zumeist nicht einer tüchtigen Portion Ironie und Humor. Und der Einbezug der jeweiligen Ausstellungssituation und die spielerische Auseinandersetzung mit den Sehgewohnheiten der Betrachter:innen sind weitere zentrale Anliegen in der Werkmethodik von Oliver Bischof.      


Oliver Bischof: Art-on-demand Installation „Pneuma“
Die Ästhtik des Verschwindens oder ein Versuch zur Pneumopathologie
bis 13.11.2022
aktivierbar täglich von 9 bis 19 Uhr
rundum jederzeit einsehbar
ZollART Schauraum, Am Rheindamm 6842 Koblach

www.kunstvorarlberg.at
www.oliverbischof.at