Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Karlheinz Pichler · 09. Apr 2015 · Ausstellung

ORF-Vorarlberg-Direktor Markus Klement verhindert Skulptur von Matthias Klien

Im ORF Landesstudio Vorarlberg ist unter dem Titel „Kältetod“ und unter der Kuratorenschaft von Carina Jielg gerade eine Ausstellung des vielversprechenden jungen Vorarlberger Künstlers Matthias Klien eröffnet worden. Der Titel dieser Werkpräsentation leitet sich von einer Skulptur ab, die in der Mitte des Rondell-Foyers des Hauses hätte aufgestellt werden sollen. Es bleibt beim „hätte“, denn der Direktor des Vorarlberger Landesstudios, Markus Klement, hat die Aufstellung der Skulptur verboten. Aus fadenscheinigen Gründen, wie es scheint. Sehenswert ist die Ausstellung trotzdem.

Mit „Kältetod“ plante der 1977 in Dornbirn geborene Künstler Matthias Klien ein aus Aluminiumrohren zusammengebautes Objekt mit fünf Metern Durchmesser, das stilisiert den Pilz einer Atombombenexplosion darstellen sollte. Die Skulptur hätte als Symbol für die Zerstörung von Welt und Leben stehen sollen und hätte gerade jetzt eine ungeheure Aktualität. ORF-Chef Klement hat den Aufbau der Arbeit mit dem Hinweis auf die Sicherheit verboten. Außerdem sei er zu spät darüber informiert worden. Also aus fadenscheinigen Gründen, ist doch das Rondell schon immer jener Ort gewesen, an dem auch Skulpturen platziert worden sind, seit im ORF Ausstellungen gezeigt werden. Unter Klements Vorgänger hat es da nie Probleme gegeben. So muten die Gründe des ORF-Intendanten denn als Anmassung an. Ja eigentlich ist es eine Selbstdisqualifizierung des ORF-V-Obersten. Denn damit verhindert Klement, dass der heute in Wien lebende Klien gerade bei seiner ersten großen Einzelausstellung in Vorarlberg, und noch dazu in seiner Heimatstadt, die ganze Breite seines Konzeptes entfalten kann. Ein Schnippchen schlug Klien dem ORF-Chef aber dennoch. Er deponierte einfach die Alu-Rohre und die anderen Utensilien, die für den Aufbau notwendig gewesen wären, in Form von Materialpaketen und sozusagen als Platzhalter und virtuelle Träger der DNA eines möglichen Atompilzes inmitten des Raumes.

Nachdenken über Medien

Aber vielleicht stört den ORF-Direktor auch, dass sich Klien kritisch mit den Massenmedien auseinandersetzt? Und dies mitten im Zentrum eines Massenmediums? Wie auch immer, das Nachdenken über die Medien und die Beziehung der Konsumenten zu diesen bilden die Grundlage für das Schaffen des Absolventen der Wiener Angewandten. Alles, was wir über IS-Terror, Griechenland-Krise, Flüchtlingsdrama. Polizeiübergriffe gegen Schwarze und alles andere über die Welt wissen oder zu wissen glauben, wird uns via Massenmedien ins Haus geliefert. Und zu jedem Ereignis erhalten wir die dazu passenden Bilder aufs Auge gedrückt. Aber sind denn diese Bilder echt, oder sind sie gefälscht? Und welchen Ausschnitt welchen Ereignisses geben sie wieder? Seit alles digital läuft, ist vieles nicht mehr so, wie es scheinen mag. Ist der Stinkefinger des griechischen Finanzministers nun echt oder nicht? Für Matthias Klien ist die Liste dessen, was echt ist, klein geworden. Tod, Schmerz, Kinder oder Tiere. „Alles andere basiert auf Konzepten - Gebäude, Staaten, Geld, Autos, Sprache, Fernsehen, Supermärkte, Schönheitsideale, Arbeitslosigkeit, etc.“, sagt der Künstler.

Klien zeigt an den Wänden des ORF-Foyers Digitaldrucke von Bildern, die Stills aus Computerspielen sein könnten. Der Künstler hat mit Hilfe von CAD-Werkzeugen (Computer Aided Design), die immanent schematisieren, eine eigene zeichenhafte Formensprache entwickelt. Bilder aus der realen Welt werden durch geometrische Bausteine wie etwa Dreiecke oder Polygone schematisch nachkonstruiert. Zwar sind die Darstellungen plakativ künstlich, aber durch die Erinnerung an reale Gegebenheiten werden sie entsprechend aufgeladen. Denn tatsächlich haben alle diese spielerisch daherkommenden Arbeiten ein echtes Ereignis als Ausgangspunkt. Zum Beispiel den Studentenaufstand 1989 in China auf dem Tian’anmen-Platz, dem Platz am Tor des Himmlischen Friedens. Der Künstler lotet solcherart die Möglichkeiten zwischen Real und Hyperreal aus. „Wenn auf der einen Seite der Messlatte das ‚echte’ Ursprungsbild, also etwa das Foto des ‚Tank Man’ steht, dann ist Kliens Bildkonstruktion die andere ‚unechte’ Seite. Wenn aber Bilder, die uns lauthals entgegenschreien, dass sie konstruiert, also falsch sind, Gefühle, Erinnerungen in uns auslösen, anstoßen, was vermögen dann Bilder, die wir für echt halten?“, fragt Kuratorin Carina Jielg im Katalogbüchlein, das zur Ausstellung erschienen ist.

Matthias Klien: „Kältetod“
ORF Landesfunkhaus Dornbirn
Bis 23.6.2015
täglich geöffnet bis 21 Uhr