Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Karlheinz Pichler · 31. Jul 2015 · Ausstellung

Längst ist die Kirschblüte vorbei, außer beim Künstlerhaus Bregenz

Ein Baum, der sich offenbar in der Jahreszeit geirrt hat: Um Monate verspätet erblüht in der kleinen Grünanlage vor dem Künstlerhaus Bregenz derzeit ein Kirschbaum in weithin leuchtendem Prachtrosa. Man muss ziemlich nahe herangehen, um zu erkennen, dass der Baum eine Fälschung ist. Ausgeheckt hat dieses irritierende Spiel zwischen Natur und Künstlichkeit Philipp Preuss, der im Hauptberuf Theaterregisseur ist.

Bei dem täuschend echten Stück handelt es sich um ein modulares skulpturales Gebilde aus Blech, Gips, Holz und Klebemanschetten sowie unzähligen künstlichen Blüten. Wobei die vielen einzelnen Teile ineinandergesteckt und miteinander verklebt sind. Preuss bezeichnet die Arbeit als „Blossom Still“ (Blüten Still), weil der Frühling sozusagen darin konserviert wird. Er „gefriert“ die Zeit der Blüte gleichsam ein und dehnt sie auf eine beliebig lange Zeit aus. Das „Blossom Still“ wird zum Immerblühbaum. Schon während des Verankerns am Freitagnachmittag (31.7.) wurde das „Wunder der Natur“ vielfach von verwunderten und überraschten Passanten bestaunt.

Preuss will mit diesem Werk nicht zuletzt auch auf die Kulissenhaftigkeit einer Touristenstadt aufmerksam machen. Man zeigt den Leuten einfach, was sie gerne sehen wollen - egal, ob es echt oder gefakt ist. Vor allem im Spätherbst und Winter, wenn sich die Stadt in einem düsteren und grauen Kleid zeigt, dürfte der Farbtupfer im Park für großes Aufsehen sorgen und Smartphone- sowie normale Digitalkameras in Aktion versetzen.

Während des vergangenen Winters stand der Baum übrigens in Innsbruck auf der Wiese zwischen Hofburg, Volkskunstmuseum und Landestheater. Preuss hat ihn im Rahmen der Aktion „Kunst im öffentlichen Raum“ für die Tiroler Landeshauptstadt geschaffen. Auf Einladung der Vorarlberger Berufsvereinigung der bildenden Künstler hat er ihn nun in Bregenz „eingepflanzt“. In Tirol hat das Kirschblütenwunder übrigens nicht nur Frühlingsgefühle, sondern auch Aggressionen ausgelöst.  Es hat mehrere Vandalenakte und sogar einen Brandanschlag auf die Blütenpracht gegeben. In Bregenz ist derartiges wohl nicht zu befürchten, denn immerhin steht das künstliche Gewächs hier auf privatem Gelände.