Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Karlheinz Pichler · 26. Dez 2013 · Ausstellung

Konzeptuelle Malerei als sinnliches Erlebnis - Michael Venezia in der Zürcher Galerie Häusler Contemporary

In ihrer aktuellen Ausstellung „Stop Looking, Start Finding“ zeigt die Zürcher Galerie Häusler Contemporary einen retrospektiven Querschnitt zum Schaffen des 1935 in Brooklyn (New York) geborenen US-Malers Michael Venezia.

Mit Michael Venezia rückt Häusler Contemporary das Werk eines Künstlers ins Zentrum, das in den 1960er-Jahren wesentlich zur Erneuerung des Malereibegriffes beigetragen hat, im deutschsprachigen Raum bislang aber stark unter seinem Wert gehandelt wurde. Es ist erst die zweite Einzelausstellung des New Yorker Kunstschaffenden in der Schweiz. Die erste Präsentation datiert ins Jahr 1996. Damals war es das Kunstmuseum Winterthur, das unter der Kuratorenschafft von Dieter Schwarz eine entsprechende Schau zusammenstellte. Heinz Liesbrock übernahm diese Ausstellung damals direkt von Winterthur nach Münster in den dortigen Westfälischen Kunstverein und stellte Venezia 13 Jahre später (2009) erneut im Josef Albers Museum in Bottrop vor. Liesbrock, mittlerweile ein guter Freund und exzellenter Kenner des Werkes von Venezia, kuratiert auch die noch bis 22. Februar laufende Ausstellung bei Häusler Contemporary in Zürich.

Malerei jenseits des schönen Scheins


Venezia entwickelte die Basis seines ästhetischen Konzepts um 1960. Zu einer Zeit also, als der Diskurs über das Ende der Malerei einen Höhepunkt erlebte. Im Zuge des Gedankenaustausches etwa mit Dan Flavin, Sol Lewitt oder Robert Ryman, mit denen er sich anfreundete, formulierte er die konzeptuellen Grundlagen für seinen wachsenden künstlerischen Kosmos aus. Liesbrock beschreibt das Vorgehen Venezias: „Er formte seine Werke zu kompakten flachen Objekten von extremer horizontaler Ausdehnung, auf denen die Farbe nicht mehr im Sinn einer Komposition organisiert wird, sondern sich als geschlossene Geste, die den subjektiven Ausdruck vermeiden will, in ihrer puren Materialität zeigt. Auch der bevorzugte Gebrauch von üblicherweise industriell verwendeten Materialien, wie Emailfarben, Metallpigmenten und Glaspulver, ist Teil dieses Konzepts einer Malerei jenseits des schönen Scheins.“ Dabei ging es dem Künstler aus Brooklyn immer auch darum, die Grenzbereiche der Malerei auszuloten.

Gegen Ende der 1960er-Jahre entfernte sich der Künstler vom Handschriftlich-Gestischen des Pinselstrichs und ersetzte es durch den Einsatz der Sprühdose. „Das Sprühmoment etwa wird stets am Rande angesetzt, die Fläche von dort aus bearbeitet. Venezias konzeptuelles Ziel dabei ist es, die verschiedenen Spraymarkierungen, zwei oder mehrere, möglichst identisch zu gestalten in der Erinnerung an Einfallswinkel der Farbe, Stärke des Luftdrucks und Zeitdauer der Besprühung. Kalkül und Zufall, Konzept und Intuition stehen dem Werk hier gleichermaßen Pate.“ (Deborah Keller)

Bewegung in eine Richtung


In weiterer Folge, Anfang der 1980er-Jahre, ersetzt der Künstler dann auch den Farbträger. Statt auf Leinwand wird die Farbe nun auf der Vorderseite von schmalen Holzlatten bewusst unregelmäßig aufgetragen. Grund und Farbe erzeugen so gleichberechtigt in ihrer Präsenz eine Malerei von unmittelbarer plastischer Wirkung. An den Ober- und Unterkanten wird das Trägermaterial dieser Bildobjekte nicht neutralisiert, sondern bleibt für den Betrachter sichtbar. Die waagerechte Anordnung der schmalen Holzsegmente ruft eine kontinuierliche Bewegung hervor, mit der sich die Werke Venezias an der Wand entlang, einer Horizontlinie vergleichbar, ausdehnen. Michael Venezia dazu: „Ich versuche, vom Gedanken der Leinwand als gradlinigem Spielplatz wegzukommen, auf dem da und dort irgendetwas vor sich geht. Die Farbe mit einem Pinsel aufzutragen bringt Entscheidungen mit sich, die aus kompositorischen Antrieben stammen. Ich bin an keiner Auswahl dieser Art interessiert. In meinen Arbeiten geht es um die Bewegung in einer Richtung, um das Hervorbringen einer Form, die mit der Bewegung verträglich ist.“

Michael Venezia zählt zu den ganz wenigen konzeptuell arbeitenden Malern, denen es gelingt, nicht in irgendeine intellektuelle Sprödheit abzusinken, sondern das Auge des Betrachters tatsächlich auch mit einem sinnlichen Erlebnis zu verwöhnen. Die Retrospektive in Zürich wartet mit etlichen Beispielen auf, die die ganze Entwicklung Venezias anschaulich dokumentieren.

 

„Stop Looking, Start Finding“
Michael Venezia, Malerei 1970-2013
Häusler Contemporary, Zürich
Kuratiert von Heinz Liesbrock (Josef Albers Museum Quadrat, Bottrop)
Bis 22. Februar 2014
Di–Fr 12–18, Sa 11–16 u.n.Vnbg.
http://haeusler-contemporary.com/zuerich/exhibitions