Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Karlheinz Pichler · 08. Dez 2015 · Ausstellung

Junge Kunst in hohen Gefilden – „High Performance“ in der Kunsthalle Arlberg 1800 in St. Christoph

Nachdem die Konzerthalle, die alle Stückchen spielt, bereits Anfang Oktober eingeweiht wurde, stand dieser Tage nun auch die Eröffnung der Kunsthalle des von Hotelier Florian Werner initiierten Projektes „Arlberg 1800“ ins Haus. Die von Christine Haupt-Stummer und Andreas Kristof von der Wiener Kunstberatungsagentur Section.a kuratierte Initialausstellung trägt den Titel „High Performance“ und wartet mit installativen Arbeiten auf, die in engem Kontext mit der räumlichen Konstellation zu sehen sind. Es sind Arbeiten, die sich gleichsam den Ort aneignen.

Wie Florian Werner, Chef des Arlberg Hospiz Hotels St. Christoph und nun des „Arlberg 1800 Resorts“, das als Dachmarke jetzt über allen Betrieben der Famile Werner steht, erläutert, stand am Beginn des kulturellen Hot Spots im hochalpinen Raum keine Strategie, sondern die pure Leidenschaft. Bis 2006 hatte er keinerlei Berührungspunkte zur Kunst und Kultur, doch dann ging sprichwörtlich die Post ab. Er richtete ein Kunstatelier im Hospiz Hotel ein, lud junge, vielversprechende Kunstschaffende als Artists in Residence nach St. Christoph, eröffnete die Hospiz Galerie, hob den Arlberg Hospiz Art Prize aus der Taufe und begann auch selber zu malen. Werner besuchte mehrere Meisterkurse bei Markus Lüpertz und auch einen bei Hermann Nitsch. Dann begann der Planungs-Countdown zum Großprojekt  „Arlberg 1800“. Entworfen wurde das durch weiche, geschwungene Formen bestechende Gebäudekonglomerat vom Absamer Architekturbüro Jürgen Kitzmüller. Baubeginn für das 26 Millionen schwere Projekt war im Juli 2014. Im Oktober dieses Jahres konnte bereits die Konzerthalle bespielt werden und dieser Tage erfolgte die Eröffnung der Kunsthalle mit der Ausstellung „High Performance“. Zum insgesamt 1500 Quadratmeter großen Areal zählen neben der höchstgelegenen Kunst- und Konzerthalle auch noch Musik- und Kunstateliers für „Musicians and Artists in Residence“, ein ebenfalls bespielbares, 150 Quadratmeter großes Foyer, eine Tiefgarage sowie zwei Landhäuser mit Suiten sowie multiflexiblen Räumlichkeiten für Kongresse und Tagungen.

High Performance


Der Ausstellungstitel „High Performance“ ist doppeldeutig. Er spielt nicht nur darauf an, dass viele der gezeigten Installationen einen performativen Grundcharakter haben, sondern er nimmt auch Bezug auf den geographischen Ort, stellt doch „Arlberg 1800“ die höchstgelegene Kunsthalle des gesamten Alpenraumes dar. Bei der eigentlichen Kunsthalle handelt es sich um ein Oval mit einer Grundfläche von 150 Quadratmetern und einer Raumhöhe von acht Metern, das von Florian Werner gern als „Kathedrale“ bezeichnet wird. Eine der auffälligsten Arbeiten in der „Kathedrale“ ist die Installation „Fallbeispiel“ des Grazer Künstlers Alfredo Barsuglia. Ausgangspunkt dafür ist ein acht Meter langer Baumstamm, den der Künstler ein Stück weit malerisch gestaltet hat und mit dem er das Beziehungsverhältnis von Natur und Mensch anreißen will. Durch die Herausnahme aus dem natürlichen Kontext und die Präsentation als Ausstellungsobjekt erhält der Stamm eine völlig neue Bedeutung und Wertigkeit. Neben dem Ast steht ein hohes Podest, auf dem fallweise ein Performer sitzt, der Sätze in den Raum absetzt, die wiederum dieses Spannungsgefüge zwischen Mensch und Natur aufnehmen. Zwischendurch fährt er das Publikum an und fordert es schreiend auf, still zu sein und zuzuhören. Assoziationen zu Handkes Publiumsbeschimpfung werden evident.

Eine weitere Arbeit in diesem „Oval“ stammt von Markus Sulzbacher. Er hat eigens eine Rampe entwickelt, deren statischer Neigungswinkel genau von jenem Punkt bestimmt wird, an dem der Künstler sie aufgrund der Steilheit nicht mehr begehen kann.  Und von Eva Schlegel ist ein Video rund um das Thema „Fliegen“ zu sehen, für das Rotorblätter als Projektionsflächen dienen. Ebenfalls in der Kathedrale zeigt die Künstlergruppe „Mahony“, wie sich ein Meteoriteneinschlag in Illionois im Jahre 1938, den man nur vom „Hörensagen“ kennt, symbolisch in die Ebene der Kunst transformieren lässt.

Den Raum aneignen


Kennzeichnend für „High Performance“ ist, dass praktisch sämtliche Arbeiten installativ und raumgreifend sind und auf die Geometrie der Architektur Bezug nehmen. Und präsentiert wird eben nicht nur in der „Kathedrale“, sondern auch im Foyer und in den anderen Räumen und Gängen. So besetzen etwa Gregor Graf mit einer Skulptur aus Klavierfragmenten (Pianoforte, 2014), Constantin Luser mit einer „Bandoneon-Intensivstation“, Markus Schinwald mit der im Raum zappelnden, lebensgroßen Korinna  sowie Sonia Leimer mit „Platzhalter“-Skulpturen aus Stahlformrohr und Beton auf substantielle Weise das Foyer. Und im angrenzenden Raum stößt man auf die Video-aufgezeichnete Moma-New-York-Performance „The Kiss“, mit der die junge Bregenzer Künstlerin Maria Anwander schlagartig bekannt geworden ist, auf die imponierende Lautsprecherinstallation „Be One“ der deutschen Künstlerin Clara Oppel, auf Paravant-artige (Lein-)Wände der Wienerin Julia Hohenwarter, die zum Bildträger ihrer selbst werden, sowie mit „Bitte betreten“ auf eine Installation aus 25 weiß gestrichenen Podesten des rumänischen Künstlers Ovidiu Anton, der damit nicht nur „die Bühne der Kunst“ verhandelt, sondern auch die Frage stellt, welche Rolle dabei denn die Betrachter einnehmen.

Die aus Graz stammende Künstlerin Eva Beierheimer hat sich die Treppe, die vom Straßenniveau zur Konzert- und Kunsthalle hinunterführt, als Interventionsort ausgesucht und die Stirnflächen der einzelnen Stufen zu Bildträgern erkoren, während ein weißer, mit Höhenlinien überzogener weißer Würfel der Wiener Kunstschaffenden Marlene Hausegger scheinbar im Außenraum über dem Dach der Kunsthalle zu schweben scheint.

 

High Performance
Mit Ovidiu Anton, Maria Anwander, Alfredo Barsuglio,
Eva Beierheimer, Gregor Graf, Marlene Hausegger,
Julia Hohenwarter, Sonia Leimer, Constantin Luser,
Mahony, Clara Oppel, Markus Schinwald, Eva Schlegel
und Markus Sulzbacher
Arlberg 1800
Bis 17. April 2016
Fr-Mo 10-12 u. 14-16
Mo, Mi, Fr 18-21
www.arlberg1800resort.at