Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Karlheinz Pichler · 22. Mär 2012 · Ausstellung

Freie Sicht auf den Schwanz – Ungewohnte Pin-ups aus der Tuschfeder Peter Wehingers

Die Galerie.Z in Hard ist gegenwärtig mit ganz ungewöhnlichen Pin-ups zugepflastert. Der Künstler Peter Wehinger setzt für einmal nicht junge, vollbusige Frauen ins Bild, sondern ältere Herren mit hängenden oder stehenden Schwänzen in alltäglicher Pose oder Beschäftigung.

Insgesamt sind es an die 700 Zeichnungen, die der 1971 in Dornbirn geborene Künstler ungerahmt an die Galerienwände geheftet hat. Die meisten sind in schwarzer Tusche gehalten, bei einigen Blättern wurden einzelne Flächen eingefärbt. Die dargestellten Männer dürften alle die Midlife-Crisis bereits hinter sich haben und ein beschauliches Rentnerdasein führen. Das Altern ist im Schaffen Wehingers ein immer wiederkehrendes Thema. Der Prozess des Älterwerdens betrifft jeden. Irgendwann warten auf jeden die Würmer. Wehinger zeigt die gealterten männlichen „Models“ in alltäglichen Situationen. Entspannt im Fauteuil sitzend, auf dem Sofa liegend, beim Fitnesstraining schwitzend, auf einem Pferd reitend, am Golfplatz den Ball abschlagend, Bagger fahrend, neben einem Auto stehend, im Freien pinkelnd, in Selbstbetrachtung versunken.
Eines ist allen Szenen gemeinsam: Der Künstler lässt immer freie Sicht auf das starke oder schwache Glied der dargestellten Männer. Manchmal ragen die Schwänze in erigiertem Zustand steil nach oben, dann wieder baumeln sie einfach in entspanntem, lockerem Zustand aus der Hose oder über die nackten Schenkel.

Von Melancholie geprägt

Die Zeichnungen Wehingers wirken aber keineswegs obszön, sondern sie sind von einer tiefen Melancholie geprägt. Sie verweisen auf die Einsamkeit der Männer, die ihres Körpers trotz des allmählichen Zerfalles bewusst sind und ihn auch noch spüren. Der in Wien lebende und arbeitende Dornbirner hat die Vorlagen für seine „Pin-ups“ im Internet gesucht und gefunden. Für die Umsetzung in Tusche bediente er sich eines einfachen, reduzierten, fast comicartigen Striches. Das „schöne“, perfekte, akademische Zeichnen lehnt er ab. Es ödet ihn an. Seine Vorbilder sind Leute wie Janosch, Florence Jenkins, Per Dybvig oder Art-Brut-Künstler. Ein selbstbewusster eigener Stil, das Eingestehen von Schwächen und das Dazu-stehen-können sind für ihn wesentlich interessanter und aufregender als das austauschbare, angezüchtete Schönzeichnen. Diesem „Nicht-Schönen“ verpflichtet, entsprechen auch die Trägermaterialien für die Zeichnungen. Ob es sich nun um zerknittertes Packpapier, Abfallkartons oder einfach um unregelmäßige Papierschnitzel handelt, nichts ist vor seiner Tuschfeder sicher.

Rookie of the Year 2012

Wehinger, der erst mit 34 Jahren ins Kunstmetier gestartet ist, hat in den erst sieben Jahren seiner künstlerischen Produktion bereits ein dichtes Werk geschaffen. Mit aufsehenerregenden Objekten und Installationen wie etwa einem an Wollfäden aufgehängten Betonblock oder einer aus Werbematerialien erzeugten Fastenskulptur für eine Kirche hat er bereits für großes Aufsehen gesorgt. Mit den in Hard gezeigten simplen, aber beklemmenden und berührenden Zeichnungen, die auch von einer schlagenden Ironie geprägt sind, zeigt er sich von einer völlig neuen Seite. Wehinger weiß immer wieder zu überraschen. Nicht von ungefähr soll er an der diesjährigen Art Bodensee denn auch als „Rookie of the Year“ präsentiert werden, wie es hinter vorgehaltener Hand bereits kolportiert wird.

Peter Wehinger: Pin-up
Galerie.Z, Hard
Bis 7. April 2012
Di, Do 18-20, Sa 10-12 Uhr und nach Vereinbarung
www.galeriepunktz.at