Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Karlheinz Pichler · 29. Okt 2017 · Ausstellung

Entlang der Schnittstelle zwischen Natur und Künstlichkeit – Elisabeth Eberle in der Johanniterkirche Feldkirch

Der atmosphärische Raum der Johanniterkirche Feldkirch bietet derzeit die Kulisse für eine skulpturale Installation der Schweizer Künstlerin Elisabeth Eberle, die sich auf ganz spezielle Art mit Natur und Künstlichkeit beschäftigt.

Die 1963 im kanadischen Vancouver geborene Schweizer Künstlerin Elisabeth Eberle untersucht mit ihrem Schaffen unter anderem die Grenzverwischungen, die auftreten, wenn augenscheinlich „natürliche“ Objekte mit Hilfe von künstlichen Verfahren hergestellt werden. Entsprechend setzt sie computergesteuerte Maschinen ein, um mit „Rotoscoping“ aus Eichenholz Objekte mit solch organisch-bizarren Topografien zu entwickeln, wie sie aktuell in der Johanniterkirche am aufgerissenen Boden des Kirchenschiffs sowie in dem Vorraum zum Altar ausgelegt sind.

Formaler Ausgangspunkt für Eberles Plastiken sind seit Jahren die Früchte des aus Ostasien stammenden Magnolienbaumes. Diese verkörpern für sie das pralle Sein, da in deren Keimen bereits der gesamte Lebenszyklus angelegt ist. In den walzenförmigem Fruchtständen der Magnolie schlummert für Eberle also gleichsam die Essenz des Lebens, und bei langer Lagerung nehmen die Keimlinge skelettartige Formen an. Die Künstlerin untersucht mit wissenschaftlicher Genauigkeit die Samenstände und verwandelt sie in skulpturale Gebilde, die Unbekanntes und mitunter auch Bedrohliches sichtbar machen und wiederum nur ein Zwischenschritt zu neuen schöpferischen Metamorphosen sind.

Berühr micht nicht

Die Schweizer Künstlerin, die an der ETH Zürich ein naturwissenschaftliches Studium absolviert hat, betitelt ihre Ausstellung mit „Noli me tangere“ - zu Deutsch „berühr mich nicht“ - denn etliche der Magnolienfrucht-Skulpturen sind mit Graphitstaub eingerieben und würden bei Berührung abfärben. Der Titel ist aber auch ein Appell, die Dinge aus der Natur, so skurril oder verführerisch sie auch scheinen mögen, unangetastet zu lassen. Durchaus angreifen darf man hingegen die kleineren Skulpturen in der Sakristei, die mit Latex beschichtet und an elastischen Bändern aufgehängt sind und an eine Art Mobile erinnern. Auch hier erinnern die Formen teils an missgebildete Körperteile oder an Science-Fiction-Lebewesen oder andernteils an Muskeln, die sich unter der Haut anspannen.

Digitalisiertes Herbarium

Parallel zu den „strange“ anmutenden Figuren Eberles entstehen auch Serien großformatiger Zeichnungen. Guido Mangaguagno, einst Vizedirektor des Kunsthauses Zürich und dann viele Jahre Direktor des Tinguely Museums in Basel, verfolgt das Werk der Künstlerin seit Jahren und charakterisiert es als „digitalisiertes Herbarium“.

Eberle verwischt jedenfalls in ihrer Suche nach dem Geheimnis der magischen Früchte die Grenzen zwischen Natürlichem und Künstlichem. Sie bewegt sich mit ihren Figuren, die formal vielfach auch an deformierte Organismen erinnern, zwischen den Welten und gibt Einblicke in Unerklärliches genauso wie in Abgründiges.

Elisabeth Eberle: „Noli me tangere“
Johanniterkirche Feldkirch
Bis 23.12.
Di-Fr 10-12 u. 15-18, Sa 10-14