"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Karlheinz Pichler · 05. Jun 2014 · Ausstellung

Dem Stein eingeschrieben die Sicht auf das Leben – Franz Rosei im Feldkircher Palais Liechtenstein

Die Arbeiten in Stein von Franz Rosei erinnern vielfach an Torsi, Köpfe oder Gliedmaßen. Dennoch ist nicht die menschliche Figur sein zentrales Thema, sondern die Sicht auf die heutige Welt, wie er selber sagt. Das Feldkircher Palais Liechtenstein präsentiert derzeit eine Werkübersicht des 1947 in Wien geborenen Bildhauers.

Wenn Franz Rosei, der Bruder des Schriftstellers Peter Rosei, philosophiert, dann direkt am Stein. Es ist eine in Stein gehauene oder in Bronze gegossene Sprache, wenn er über das Dasein, das Empfinden, über das Zerbrechliche, über das ewige Suchen reflektiert. Das Ringen am Stein entspricht dem Ringen am Leben. Der Dialog mit dem Stein kann mitunter heftig, mitunter sanft, ja geradezu zärtlich erfolgen. "In der Arbeit jedenfalls lasse ich vieles hinter mir, alles: die Freunde, das Elend, die Einsamkeit, den Tod - das Glück, wenn du willst", sagte Franz Rosei einmal über seine bildhauerische Arbeit. "Ich arbeite mit und an dem Bewusstsein. Ich arbeite an mir selbst." Und was Bildhauerkollege Karl Prantl einmal über sein Schaffen gesagt hat, könnte auch für Rosei Gültigkeit haben: "Wenn Sie an diesem Stein Wochen und Monate arbeiten, dann schauen Sie nur in Augen hinein. Werden ständig von Augen angeschaut. Das ist das Depot aller menschlichen Augen. Alle Augenfarben sind in diesem Stein."

Kummulierte Verletzungen


Auf den ersten Blick scheinen die Arbeiten Roseis von einer klassischen Ästhetik geprägt zu sein. Angesiedelt etwa zwischen Avramidis oder besagtem Karl Prantl. Aber das liegt wohl eher am Stein, dem Marmor, dem Serpentin, dem Kalkstein, der aus sich heraus ästhetisierend wirkt. Denn die Formen, die Rosei abgewinnt, sind eher ein Resultat kummulierter „Verletzungen“ wie etwa Einkerbungen, Ausbuchtungen, Dellen, Gräben und Risse, denn Ästhetisierungsrituale. Unbearbeitete Stellen wechseln mit bearbeiteten Zonen. Wäre es am Material Stein möglich, könnte man ihn sich eher mit einer Motorsäge denn mit Hammer, Meisel und Flex vorstellen. Auch wenn er diese immer wieder abstellen würde, um dem Nachdenken Raum zu geben. Die Ästhetik des Steins und die Bearbeitungsstrategie bilden eine Art Reibungsfläche, einen Widerspruch. Dennoch sind die Skulpturen voller Haptik und laden zur Berührung ein. (Den "Verletzungen" die Hand auflegen).

Rosei misst dem Material Stein auch eine symbolische Bedeutung zu. Er reflektiert dessen Alter und auch die Tatsache, dass er den Menschen überdauert. „Die Steine beziehen sich auf ihre eigenen Millionen Jahre zurückliegenden Entstehungszeiten, aber sie erlauben auch Assoziationen zur Geschichte ihres ästhetischen Einsatzes von der ägyptischen Vorzeit bis zur griechischen Klassik, von der romanischen Archaik bis zur gotischen Eleganz“, heißt es im Begleittext.

Roseis Skulpturen sind Blöcke, in und an denen er seine Gedanken bildhauerisch überträgt. Es ist eine komprimierte Sprache. Eine Verdichtung, die auch bei den Zeichnungen zum Tragen kommt, die im Stiegenaufgang gehängt sind.

 

Franz Rosei
Palais Liechtenstein, Feldkirch
Bis 29. Juni
Mi-Fr 16-19, Sa u. So 10-13