"Un métier sérieux - Ein richtig guter Job" in der Kinothek Lustenau (Foto: Filmcoopi Zürich)
Walter Gasperi · 05. Okt 2023 · Film

Aktuell in den Filmclubs (6.10. – 12.10.2023)

In der Kinothek Lustenau wird diese und nächste Woche Albert Serras betörend schöner, aber auch sehr langsamer und rätselhafter Spielfilm „Pacifiction“ gezeigt. Beim Filmforum Bregenz stehen dagegen im Rahmen der Initiative „Österreichischer Filmpreis on Tour“ die drei heurigen Siegerfilme „Vera“ (Bester Spielfilm), „Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen“ (Bester Dokumentarfilm) und „Will My Parents Come to See Me“ (Bester Kurzfilm) an einem Tag hintereinander auf dem Programm.

Pacifiction: Der Katalane Albert Serra folgt 162 Minuten lang dem französischen Hochkommissar De Roller (Benoît Magimel), der die Koloniemacht in den Überseegebieten in Polynesien vertritt. Konfrontiert wird De Roller dabei mit Gerüchten über die Wiederaufnahme der französischen Atombombentests im Südpazifik, taucht aber auch in einen schummrigen Nachtclub ein, pflegt Kontakt zu einem mysteriösen Portugiesen ebenso wie zu einem Admiral und einem englisch sprechenden Mann, der auch ein amerikanischer Agent sein könnte.
Näher kommen die Zuschauer:innen im Laufe der zweieinhalb Stunden weder De Roller noch den anderen Figuren, die alle ihre Geheimnisse bewahren. Denn statt Dinge aufzuklären, beschränkt sich Serra darauf, das zu zeigen, was auch sein Protagonist bei seinen Streifzügen über die Insel sieht und hört. Ständig ist man auf De Rollers Wissensstand. Mit ihm tappt man nicht nur im Dunkeln, sondern fliegt auch mit einem Kleinflugzeug zu einer Nachbarinsel oder erlebt – in der schönsten Szene des Films – hautnah die Wellenreiter vor der Küste und taucht mit De Roller mit einem Jetski in die gewaltigen Wellenberge ein.
Schnelles Action-Kino könnte hier geboten werden, doch Serra setzt auf Entschleunigung. Statt stringent eine Handlung zu entwickeln, lässt er die Zuschauer:innen in betörend schönen, aber kitschfreien Bildern des Meeres, des grünen Dschungels oder der Sonnenuntergänge in diese ferne Welt eintauchen und sich in dieser traumartigen Atmosphäre verlieren. Lässt man sich darauf ein, kann „Pacifiction“ auch durch den langsamen Erzählrhythmus eine Sogwirkung entwickeln, durch die sich die lethargische Inselstimmung in den Kinosaal ausbreitet.
Kinothek Lustenau: Mo 9.10., 20 Uhr; Mi 11.10., 18 Uhr; Mo 16.10., 20 Uhr; Mi 18.10., 18 Uhr


Österreichischer Filmpreis on Tour: Bei freiem Eintritt werden diese Woche in allen österreichischen Bundesländern an einem Tag hintereinander die heuer mit dem Österreichischen Filmpreis als bester Spielfilm, bester Dokumentarfilm und bester Kurzfilm ausgezeichneten Werke gezeigt. Ein Grenzgang zwischen Spiel- und Dokumentarfilm ist dabei „Vera“, in dem Tizza Covi und Rainer Frimmel in der für dieses Duo typischen Art in die Beobachtung des Lebens der Tochter des Italo-Western-Stars Giuliano Gemma langsam eine fiktive Geschichte einflechten. Wie gewohnt fangen Covi/Frimmel dabei bestechend realistisch den Alltag ein, decken aber auch soziale Gegensätze auf und reflektieren über das Leben mit einem Übervater.
Claudia Müller zeichnet dagegen in ihrem Dokumentarfilm „Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen“ mit einer Fülle an Archivmaterial ein vielschichtiges Porträt der umstrittenen österreichischen Literatur-Nobelpreisträgerin und bietet gleichzeitig Einblick in die österreichische Verdrängungskultur, gegen die die Autorin immer wieder entschieden Stellung bezieht.
In dem als bester Kurzfilm ausgezeichneten Kurzspielfilm „Will My Parents Come to See Me“ erzählt Mo Harawe schließlich von einer somalischen Polizistin, die einen zum Tode verurteilten jungen Mann zu seiner Hinrichtung begleitet.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 12.10., ab 17.30 Uhr


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