Das Nederlands Dans Theater 2 beim Bregenzer Frühling (Foto: Udo MIttelberger)
Walter Gasperi · 29. Jun 2023 · Film

Aktuell in den Filmclubs (30.6. – 6.7. 2023)

Bei der Hofkultur im Gutshof Heidensand in Lustenau und beim Harder Open-Air-Kino hardmovie steht diese Woche Steven Spielbergs autobiographisch inspirierte Familiengeschichte „Die Fabelmans“ auf dem Programm. Das Filmforum Bregenz bietet dagegen mit Makoto Shinkais „Suzume“ ein bildgewaltiges Animé.

Die Fabelmans: In seinem für sieben Oscars nominierten autobiographisch inspirierten Film erzählt Steven Spielberg einerseits wie sein Alter Ego Sammy Fabelman in den 1950er und 1960er Jahre seine Filmleidenschaft entwickelt und anderseits von einer Familie und deren Geschichte.
Nicht zu kurz kommt bei dieser filmischen Entwicklung des Jugendlichen der technische Aspekt, wenn eine 8-mm-Kamera bald durch eine Bolex abgelöst wird und schließlich ein Highschool-Film mit einer Arriflex-16-mm-Kamera gedreht wird. Aber auch der Wunsch nach einer Schneidemaschine und die Arbeit daran finden Platz. Ein von Sammy gedrehter Film über einen Campingurlaub der Familie bringt aber auch das Thema der Manipulation durch Film ins Spiel. Denn während Sammy bei der Sichtung des Materials im Stil des Fotografen von Michelangelo Antonionis „Blow Up“ in den Aufnahmen Dinge entdeckt, die ihn schwer erschüttern, präsentiert er der Familie schließlich einen Film, in dem diese Momente völlig eliminiert sind. Gleichzeitig schneidet er aber einen zweiten Film, in dem der Fokus gerade auf diesem Aspekt liegt.
Mit dem Umzug der Familie nach Kalifornien und dem Wechsel an eine dortige Highschool kommt aber auch antisemitisches Mobbing Sammys, der auch körperlich den durchtrainierten Mitschülern deutlich unterlegen ist, ins Spiel. Gegenpol zu diesen bitteren Erfahrungen, bei denen Spielberg auch schonungslos eine hässliche Seite Amerikas zeigt, bildet wiederum die erste Liebe des Teenagers.
Nicht anders als bei einem Meister wie Spielberg zu erwarten, ist diese Familiengeschichte so rund und flüssig inszeniert, dass die Spannung mühelos über 150 Minuten aufrechterhalten wird. Doch so sehr Spielberg hier auch persönliche Erfahrungen verarbeitet, so fehlt es dieser Hommage an die Macht des Kinos und an seine 2017 und 2020 verstorbenen Eltern, denen er „Die Fabelmans“ gewidmet hat, letztlich doch etwas an Leidenschaft. Gepflegtes Familienkino alter Schule wird geboten, das souverän Drama und Witz mischt, von Melancholie durchzogen ist und ganz in der Tradition des großen Meisters steht, dem Sammy am Schluss des Films begegnet. Formal und inhaltlich aufregendes Kino, das auf der Höhe der Zeit ist und vielleicht auch Wege in die Zukunft weist, schaut heute aber doch anders aus.
Hofkultur im Gutshof Heidensand, Lustenau: Di 4.7., 20 Uhr
hardmovie – Kino am See, Open-Air im Stedepark Hard: Do 6.7., 21.15 Uhr
Open-Air, Marktplatz Rankweil: Fr 25.8., 21 Uhr

 

Suzume: Als die 17-jährige Suzume, die als Vierjährige ihre Mutter verloren hat, auf dem Schulweg einem seltsamen jungen Mann namens Souta begegnet, ist sie auf Anhieb von diesem fasziniert. Sie zeigt ihm nicht nur den Weg zu einer Ruinenlandschaft, sondern folgt ihm auch dorthin. Dort findet sie eine Tür, die ihr einen Blick in eine andere Welt ermöglicht, die sie aber nicht betreten kann. Durch diese Tür bricht ein gewaltiger roter Wurm in die Realität herein, der Suzumes Heimatstadt durch ein Erdbeben zu zerstören droht. Gemeinsam mit dem jungen Mann gelingt es ihr aber die Tür zu schließen und so eine Katastrophe abzuwenden. Doch weil durch ihre Berührung ein Verschlussstein in eine sprechende Katze verwandelt wurde, ist der Wurm nicht dauerhaft gebändigt, sondern kann an unterschiedlichsten Orten Japans wieder hervorbrechen und Erdbeben auslösen. Um dies zu verhindern, begibt sich Suzume mit Souta auf eine Reise quer durch das Land.
Das Roadmovie, das sich in Makoto Shinkais Animé dabei entwickelt, erinnert mit den stets drohenden Erdbeben nicht nur an die allgemeine tektonische Labilität Japans, sondern ruft mit den Städten Kobe und Tokio auch ganz reale und Japan tief erschütternde Katastrophen im Jahr 1995 (Kobe) und 1923 (Tokio) in Erinnerung. Von diesen weiter zurückliegenden Ereignissen nähert sich „Suzume“ schließlich der größten Katastrophe der jungen japanischen Geschichte.
Privates Trauma und nationale Tragödie werden so verknüpft, wenn immer wieder Erinnerungen Suzumes an ihre Kindheit und den Tod der Mutter hereinbrechen. Mühsam ist der Prozess den damaligen traumatischen Verlust zu verarbeiten und einen Weg in die Zukunft zu finden. Doch trotz dieses Traumas verbreitet dieses bildgewaltige Animé Optimismus, wenn sich Suzume als Teenager ihrem jüngeren Ich als dessen Zukunft präsentiert und ihm erklärt, dass das Leben weitergehen wird und sie neue Erfahrungen und Bekanntschaften machen wird.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 6.7., 20 Uhr

 

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