Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 02. Feb 2023 · Film

Aktuell in den Filmclubs (3.2. - 9.2. 2023)

Das Kinotheater Madlen in Heerbrugg zeigt den packenden Journalismus-Thriller „She Said", in dem Maria Schrader die Aufdeckung der Weinstein-Affäre nachzeichnet. In der Bludenzer LeinwandLounge steht mit „Last Film Show – Der Stoff, aus dem die Träume sind" eine leidenschaftliche Feier des Kinos auf dem Programm.

She Said: Maria Schrader zeichnet die journalistische Recherche der New-York-Times-Journalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey zum Filmproduzenten Harvey Weinstein nach, der zahlreiche Frauen sexuell missbrauchte.
Nicht zu großen Heldinnen baut Schrader Kantor/Twohey auf, sondern zeigt sie als unermüdliche Ermittlerinnen, die gleichzeitig noch eine Familie haben. Akribisch vermittelt sie im Prüfen der Quellen, im Einholen von Rechtsbeistand und Bemühen um ein Statement Weinsteins auch, was Qualitätsjournalismus ausmacht und welche sorgfältige und zeitaufwändige Arbeit dahinter steckt. 
Schrader muss den Film nicht mit Effekten aufbauschen, denn mehr als stark genug ist das Thema. Die stringente Nachzeichnung der Recherchen und die detailreiche Aufdeckung der Auswirkungen des Missbrauchs auf die Opfer reichen völlig aus, um über zwei Stunden zu packen und zu erschüttern. 
Die Kunst Schraders und ihrer Drehbuchautorin Rebecca Lenkiewicz besteht bei ihrem auch in Nebenrollen perfekt besetzten Film nicht zuletzt darin, die komplexe Thematik schlüssig und vielschichtig zu verdichten und zu bündeln. So konkret „She Said" dabei ist, so universell wird der Film spätestens in den Nachspanninserts, wenn auf die auch in anderen Branchen verbreitete sexuelle Belästigung, aber auch die Veränderung und Verbesserung, die die Aufdeckung des Weinstein-Falls gebracht hat, hingewiesen wird.
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Mo 6.2., 20.15 Uhr

Last Film Show – Das Licht, aus dem die Träume sind: Man spürt in jeder Szene, wie sehr dieser Film von autobiographischen Erfahrungen und der Kinoleidenschaft seines Regisseurs Pan Nalin inspiriert ist. Sein Alter Ego ist der neunjährige Samay und wie Samays Vater war auch Nalins Vater Teeverkäufer an einer Eisenbahnstation.
Samay lebt mit seinem Vater, seiner Mutter und seiner kleinen Schwester in einem Dorf im indischen Bundesstaat Gujarat. Am Anfang zieht er noch mit Pfeil und Bogen durch die Felder oder spielt am Bahngleis. Doch dann nimmt der Vater die Familie mit ins Kino der nächsten Stadt. Im Grunde lehnt er als Angehöriger der Kaste der Brahmanen solche Freizeitvergnügen ab, doch da ein religiöser Bollywood-Film über die Göttin Kali gezeigt wird, macht er eine Ausnahme. Für Samay wird dieser Kinobesuch zum Initiationserlebnis. Fest steht für ihn danach, dass er selbst einmal Filme machen will.
Lieber schwänzt er so in der Folge die Schule und besucht das Kino. Begeistert verfolgt er Abenteuer- und Actionfilme, doch dann wird er rausgeworfen, weil er sich ohne Ticket in den Saal geschlichen hat. Doch der Filmvorführer Fazal nimmt ihn in seine Kabine und lässt ihn gegen Abgabe von Samays Lunchbox die Filme anschauen.
Zur Filmleidenschaft kommen damit die leckeren Speisen, die die Mutter von Samay zubereitet und beides bietet Gelegenheit für ein sinnlich-warmherziges Kinostück. An harter sozialrealistischer Schilderung der prekären Lebens- und Arbeitsbedingungen der indischen Unterschicht ist Nalin nicht interessiert, vielmehr feiert er in kräftigen, warmen Farben und lichtdurchfluteten Bilder nostalgisch das Kino und das Leben.
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 8.2., 19 Uhr

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