Detail aus dem 250 Meter langen Band „Das Geheimnis unter Dir“ von Lorenz Helfer in der Bregenzer Oberstadt (Foto: Karlheinz Pichler)
Walter Gasperi · 26. Dez 2024 · Film

Aktuell in den Filmclubs (27.12.2024 – 2.1.2025)

Das Skino Schaan zeigt diese Woche – und das Filmforum Bregenz im Jänner – Hayao Miyazakis grandiosen Animé „Das wandelnde Schloss“. Am Spielboden Dornbirn kann man dagegen nochmals Joaquin Phoenix und Lady Gaga in „Joker: Folie à Deux“ sehen, der einen Mix aus Gefängnis-, Gerichtsfilm und Musical bietet.

Das wandelnde Schloss: 2004 schuf Hayao Miyazaki diesen visuell überbordenden Animé, der nun wieder in die Kinos kommt. Im Mittelpunkt steht das titelgebende bewegliche Schloss, das aus dem Schrott der Industrialisierung zusammengesetzt ist. Mit seinen flinken stählernen Füßen scheppert dieses Ungetüm über ein Idyll mit saftig grüner Wiese und einem einfachen Häuschen. Im Kontrast zur heilen „Heidi“-Landschaft steht die Stadt, in der es zwar einerseits romantische Fachwerkbauten mit Biedermeier-Einrichtung und Jugendstil-Prunk gibt, andererseits aber auch Fabriken mit qualmenden Schloten. Und auf den Straßen tummelt sich Militär in Uniform. Die Häuser sind beflaggt und nationalistische Parolen drohen einen Krieg hervorzurufen. Das Stahlgrau der mit Kanonen bespickten Kampfschiffe oder der fantastischen Luftschiffe ist eine der bestimmenden Farben von „Das wandelnde Schloss“.
Zivilisationskritik und Sehnsucht nach der heilen Natur bestimmen Miyazakis Werk seit der TV-Serie „Heidi“ und kennzeichnen auch seine Meisterwerke „Prinzessin Mononokè“ und „Chihiros Reise ins Zauberland“. In „Das wandelnde Schloss“ stehen den großen Themen Krieg und Frieden sowie Industrialisierung und ihre Folgen auf der einen Seite die private Geschichte der kleinen Hutmacherin Sophie, die sich selbst für hässlich hält, auf der anderen gegenüber. Weil Sophie mit sich nicht zufrieden ist, wird sie von der Hexe aus dem Nirgendwoland in eine alte Frau verwandelt, flieht aus der Stadt und landet in Prinz Hauros wandelndem Schloss. 
So eskapistisch Miyazakis Film in den fantastischen Momenten mit Zauberern und Hexen auch ist, so realistisch und ernsthaft ist er in seiner pazifistischen Botschaft, in seiner Absage an die Mächtigen und ihre Kriegstreiberei. – Poesie trifft hier auf Politik, Rationalität auf Spiritualität und die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen. Unübersehbar düsterer als in „Chihiro“ ist der Ton dabei und, auch wenn das Idyll am Ende wieder hergestellt ist, will man dem schönen Schein angesichts der Bilder der Zerstörung, die den Film davor prägten, nicht so recht trauen.
Skino Schaan: Sa 28.12., 10 Uhr + Mi 1.1., 16 Uhr
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 22.1., 20 Uhr

 

Joker: Folie à Deux: Nach seinen fünf Morden sitzt der erfolglose Comedian Arthur Fleck alias Joker (Joaquin Phoenix) im Gefängnis von Gotham City und wartet auf seine Gerichtsverhandlung. In seiner Haft trifft er auf Harley Quinn (Lady Gaga), die sein größter Fan ist, und versucht seine Fantasie und seinen einstmals wilden Widerstand gegen die Gesellschaft zu befeuern. 
In Liedern, vor allem von Frank Sinatra, entflieht das Duo immer wieder aus der bedrückenden Gefängniswelt oder später aus dem nüchternen Gerichtssaal in eine Traumwelt. Dem kalten und schäbigen Milieu, in dem Joker den Sadismus und die Schikanen der Wärter emotionslos über sich ergehen lässt, steht auf der anderen Seite eine von leuchtenden Farben bestimmte Bühnenwelt gegenüber. Aber auch wenn das Spiel mit diesen Gegensätzen visuell aufregend in Szene gesetzt ist, so fehlt es doch an Handlung. Weder gewinnt die Figur Jokers gegenüber dem ersten Film weitere Facetten, noch bekommt die von Lady Gaga gespielte Harley Quinn wirklich Profil. Endlos lang zieht sich schließlich auch der Prozess gegen Joker hin.
Kühn ist es zweifellos von Todd Phillips bei einer 200 Millionen Dollar-Produktion Erwartungshaltungen so radikal zu unterlaufen und statt einem action- und temporeichen Kinoreißer einen ziemlich statischen Mix aus Gefängnis/Gerichtsfilm und Musical zu bieten. Doch diese Kombination will nicht aufgehen, da einerseits die Gerichtsszenen ausgesprochen konventionell und überraschungsarm inszeniert, andererseits in den Musicalszenen ganz auf die Songs vertraut wird. Dass diese meist statisch auf einer Bühne vor schwarzem Hintergrund gesungen werden und auf die sonst für Musicals üblichen mitreißend choreografierten Tanzszenen verzichtet wird, war sicher eine bewusste Entscheidung, tut „Joker: Folie à Deux“ aber nicht gut. Nicht nur unausgegoren wirkt nämlich die Verbindung der beiden Ebenen, sondern dieser Mix entwickelt auch auf keiner Ebene mitreißenden Drive, sondern verliert sich zunehmend in einer fast schon lähmenden Szenenfolge.
Spielboden Dornbirn: Fr 27.12., 19.30 Uhr

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