Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Dagmar Ullmann-Bautz · 03. Apr 2017 · Theater

Wie politische Ereignisse Familiengeschichte schreiben – Ein Stationentheater im vorarlberg museum

Ich war Mitte 20 und saß im Cafe Neptun in Bregenz. Arbeitete am Konzept für meine erste Inszenierung mit Jugendlichen. Wir hatten uns für „König Ubu“ von Alfred Jarry entschieden. Plötzlich sprach mich der Mann vom Nebentisch an – es war Max Riccabona – er kannte das Stück, mochte es und wir unterhielten uns darüber sehr angeregt. Bevor wir uns verabschiedeten, empfahl er mir noch ein persönliches Lieblingsstück, „Wie man die Wünsche beim Schwanz packt“, das einzige Stück, das Pablo Picasso je geschrieben hatte und das ich im darauf folgenden Jahr mit Jugendlichen auch auf die Bühne brachte. Es blieb meine erste und leider einzige Nahebegegnung mit Max Riccabona, doch war sie äußerst befruchtend, denn die Begegnung wirkte noch lange nach und mit dem von ihm empfohlenen Text hatten wir großen Spaß.

Verrückte Familiengeschichte

Mit dieser kleinen Geschichte im Hintergrund ging ich gestern Abend ins vorarlberg museum und besuchte die Aufführung der Gruppe Teatro Caprile im Rahmen der Ausstellung „Der Fall Riccabona“, die seit Dezember als Sonderausstellung zu sehen ist. Die Ausstellung erzählt diese recht außergewöhnliche, etwas verrückte Geschichte der Familien Perlhofer und Riccabona, zugetragen im Feldkirch des letzten Jahrhunderts.

Politische und historische Themen

Das Teatro Caprile, gegründet und geleitet von Katharina Grabher und Andreas Kosek, hat sich von Anbeginn ihrer Zusammenarbeit politischen und historischen Themen verschrieben. Gestern präsentierte Teatro Caprile in Kooperation mit dem vorarlberg museum das Stationentheater „Der Fall Riccabona – Szenen einer Familiengeschichte“, indem das ganze Haus vom Erdgeschoß über das Stiegenhaus, den Veranstaltungssaal, bis in den Ausstellungsraum bespielt wurde, während das Publikum mit den DarstellerInnen von Spielort zu Spielort, von Station zu Station wanderte. Mit der Eintrittskarte bekam man auch ein Infoblatt an die Hand, das in kurzen Worten die Struktur des Theaterabends erklärte und darum bat, keine Scheu vor Nähe zu den KünstlerInnen zu haben, eine Nähe, die besonders im Ausstellungsraum intensiv und dadurch für manche zum prickelnden Erlebnis wurde.

Fatale Auswirkungen

Der Theaterabend erzählt nicht nur eine Familiengeschichte, sondern zeigt auch die politischen Verstrickungen, die Wirren und Probleme der Menschen in den 30er- bis 50er-Jahren und deren grausame und fatale Auswirkungen.

Unterschiedliche Bilder

Anhand von Dokumenten, Zeitungsartikeln, Briefen, Akten und Büchern hat Andreas Kosek ein zweistündiges Stationentheater entworfen und inszeniert, das in unterschiedlichsten Bildern einen Weg durch die Jahrzehnte zeichnet und die Familienmitglieder der Perlhofers und Riccabonas vorstellt. So werden wesentliche Stationen  aus der Familiengeschichte erzählt und auch kleine Szenen aus Max Riccabonas Werk „Der Halbgreyffer“ szenisch umgesetzt. Es spielen und tanzen Katharina Grabher, Ruth Grabher, Georg Kreuzbauer und Andreas Kosek. Roland Ettlinger führt souverän, ohne auch nur ein Wort zu verlieren, von Spielplatz zu Spielplatz.

Es war ein interessanter, sehr informativer Abend, dem man das Bemühen aller Beteiligten deutlich anmerkte, der aber das gewisse Etwas, das eine Theateraufführung zu etwas Besonderem macht, doch bisweilen vermissen ließ.

 

Weitere Aufführungen am 4. und 5. April, jeweils um 19 Uhr; 
Kartenreservierung erforderlich unter 05574 46050 oder info@vorarlbergmuseum.at.

Die äußerst sehenswerte Ausstellung ist noch bis 17. April geöffnet.