Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Silvia Thurner · 03. Apr 2017 · Musik

Mutig und mit voller Kraft voraus – das „Collegium Instrumentale“ und Guntram Simma begeisterten aus mehreren Gründen

Im ausverkauften Kulturhaus ging das vierte Abonnementkonzert von „Dornbirn Klassik“ über die Bühne. Es war ein besonderes Ereignis, denn Guntram Simma und sein „Collegium Instrumentale“ sowie der Pianist Aaron Pilsan waren angekündigt. Darüber hinaus stand die Uraufführung eines neuen Werkes von Wolfgang Lindner mit Martin Lindenthal als Solisten auf dem Programm. Die Performance des Sängers war ein besonderer Genuss, die Werkdeutung von Beethovens drittem Klavierkonzert qualitätvoll und die Darbietung der d-Moll Symphonie von Cesar Franck eine große Leistung. Mit der Werkauswahl bewiesen Guntram Simma und Roland Jörg Mut und ein Vertrauen in die Qualität heimischer Musiker und Komponisten, die andere offensichtlich nicht haben. Für Diskussionen bei den Abonnentinnen und Abonnenten sorgte auf Neue das ungerechtfertigte Moderationsverbot, das der ORF Intendant Markus Klement als weiteres Zeichen seiner Borniertheit über Bettina Barnay verhängt hat.

Inhaltliche Grundlage der neuen Komposition von Wolfgang Lindner sind die „Selbstbetrachtungen“ des Kaisers Marc Aurel, in denen er sich unter anderem mit ethischen Fragen und Aspekten sozialer Verantwortung beschäftigt hat. Der Vorarlberger Autor Norbert Mayer verfasste über dieses Stück Weltliteratur einen griffigen Text, den Wolfgang Lindner in Form eines Orchesterliedes kompositorisch interpretierte.

Ursprünglich erteilte Guntram Simma dem Konservatoriumsprofessor Wolfgang Lindner einen Kompositionsauftrag für das „Jugendsinfonieorchester Dornbirn“. Dem Orchesterlied ging jedoch ein langer Entstehungsprozess voraus und so blieb es nun dem „Collegium Instrumentale“ vorbehalten, die groß angelegte Komposition zu präsentieren.

Herausragender Solist


Das Collegium Instrumentale unter der Leitung von Guntram Simma setzte die Musik inspiriert und wohl bedacht in Szene. Spannend wurde zu Beginn eine Aura geschaffen, aus der sich langsam die melodischen Floskeln herauskristallisierten. Wolfgang Lindner hat sein aussagekräftiges Werk textdeutend angelegt. Dabei folgte er in vielfältigen Formen der Wortrhythmik und überhöhte den zeitkritischen Text hervorragend. Rap-Passagen und Beatboxing waren ebenso in den Vokalpart eingebaut wie Registerwechsel, rhythmisiertes Sprechen und Sprechgesang.

Den vielfältigen Vokalpart füllte der Singer-/Songwriter, Chorleiter und Musikpädagoge Martin Lindenthal bravourös aus. Scheinbar mühelos wechselte er zwischen genau intoniertem Gesang, rhythmischen Patterns und Sprechgesang über Rap, Bodypercussion bis hin zum Beatboxing. Dezent verstärkt, sang Martin Lindenthal detailreich und wunderbar wortdeutlich.

In Freundschaft verbundenes Zusammenwirken


Aaron Pilsan hat inzwischen eine internationale Karriere gestartet, doch mit dem Collegium Instrumentale und Guntram Simma blieb der Dornbirner und ehemalige Schüler der Musikschule Dornbirn freundschaftlich verbunden. Nun interpretierte er gemeinsam mit dem Orchester das dritte Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven.

Aaron Pilsan musizierte in gemäßigten Tempi und einem gut abgestimmten Dialog mit den Musikern. Zwei Höhepunkte der Werkdeutung blieben besonders in Erinnerung. Die Kadenz im Eröffnungssatz erklang fantasiereich ausgelotet, indem der Pianist die Basslinie stark ausformulierte, damit die harmonischen Farben beleuchtete und darüber gelagert die Spielfiguren feinsinnig entfaltete. Die Zuhörenden waren ganz Ohr und die Atmosphäre im Saal hoch konzentriert. Schön musiziert erklangen auch die Soli zwischen dem Fagott und der Flöte sowie die sinnlichen Spielfiguren des Klaviers über den Pizzicati der Streicher im langsamen Satz.

Mit Enthusiasmus musiziert


Energiegeladen und mit höchster Konzentration wendeten sich Guntram Simma und das Collegium Instrumentale schließlich der Symphonie in d–Moll von Cesar Franck zu. Dabei wurden die Themen straff und mit viel Schubkraft herausgebildet. Gut nachvollziehbar stellten die Musikerinnen und Musiker auch die sich ständig vergrößernden Themenvarianten mit atmenden Bögen in den Raum. So entwickelte sich eine leidenschaftlich bewegte Werkdeutung, die in einem gut austarierten Verhältnis zwischen Spannung und Entspannung dargeboten wurde.

Freilich wäre der Streicherklang des Orchesters ausbaufähig und die Musiker mussten sich über manche „Missgeschicke“ hinwegretten. Dies schmälerte jedoch den positiven Gesamteindruck nicht, denn der Gestaltungswille von allen Beteiligten war beeindruckend und über den ganzen Abend hinweg spürbar. Guntram Simma leitete das Orchester in „alter Frische“, mit klaren Gesten und bewundernswerter Ausdauer.

Notizen am Rand eines gelungenen Konzertabends


Während Thomas Heißbauer bei der Programmierung des Abonnementprogrammes für das Symphonieorchester Vorarlberg auf Sicherheit bedacht ist und die Vorarlberger Komponisten weitgehend aus dem Spiel lässt, indem diese auf der Programmschiene von „Texte und Töne“ geparkt werden, packt der Dornbirner Kulturamtsleiter Roland Jörg Gelegenheiten beim Schopf. So konnten unter anderem zwei Uraufführungen neuer Werke von Thomas Thurnher mit renommierten Ensembles realisiert werden. Eine neue Komposition von Helmut Schmidinger erklang zum ersten Mal in Dornbirn und auch die Präsentation von Wolfgang Lindners „Selbstbetrachtungen“ war im Abonnementprogramm willkommen. Damit verleiht Roland Jörg der Konzertreihe Profil. Viele Konzerbesucherinnen und –besucher reagieren begeistert und jene, die sich nicht unvoreingenommen dem Neuen öffnen wollen, werden zur Auseinandersetzung eingeladen.

Inakzeptable Willkür des ORF Intendanten


Seit einigen Jahren nehmen die Konzerteinführungen von Bettina Barnay bei „Dornbirn Klassik“ einen bedeutenden Stellenwert ein. Die hervorragende Musikvermittlung der ORF Moderatorin fand sehr viel Zuspruch. Doch unvermittelt und mit fadenscheinigen Argumenten würgte der Intendant des ORF Landesstudios in Dornbirn, Markus Klement, diese Moderationen ab, indem er die Auftritte von Bettina Barnay untersagte. Und dies, obwohl er zuvor sein Einverständnis gegeben hatte. Viele sind sich einig, dass diese Vorgangsweise inakzeptabel ist, allerdings bewirkten mündliche Proteste und Leserbriefe bisher nichts.

Wieder tritt der ORF Intendant als ignoranter ‚Verhinderer’ mit einem völlig verqueren Kulturverständnis auf und diskreditiert sich damit ein weiteres Mal selbst.