Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Dagmar Ullmann-Bautz · 19. Sep 2015 · Theater

Kleists Penthesilea zur Eröffnung der Spielsaison am Vorarlberger Landestheater

Das Spiel beginnt noch bevor alle ZuschauerInnen ihre Plätze eingenommen haben. Zwei Gruppen, drei Frauen und drei Männer, alle irgendwie versehrt, mit kleinen und größeren Wunden und Narben, schwarz gekleidet in einem großen Raum, grau mit raumhohen Fenstern, kaltem Licht, bewegen sich vorsichtig, in Trauer und voller Misstrauen dem anderen gegenüber. Heinrich von Kleists "Penthesilea" feierte gestern Premiere und eröffnete damit die Spielsaison am Vorarlberger Landestheater.

Starke Choreographie neben sprachlichen Defiziten


Das Trauerspiel um Krieg, Liebe und Hass ist ein großer, kluger, psychologisch fein gesponnener Text, mit dem uns Kleist tief in die menschliche Psyche blicken lässt. Regisseur Jan Steinbach versteht es großartig mit einer ausgeklügelten und raffinierten Choreographie die Emotionen der Figuren sichtbar zu machen. Er hat an der Geschichte gedreht und beginnt nach dem Tod von Achilles und Penthesilea, lässt die Hinterbliebenen eine Art Rückschau halten. Eine gute Idee, die ihm und den Schauspielern viel und neuen Spielraum lassen.

Die Krux des Abends ist die Sprache, die jambischen Verse, die griechischen Namen - über weite Strecken ist der Text einfach nicht zu verstehen. Das feine Zusammenspiel von Rhythmus, Tempo und Aussprache hat leider eher selten funktioniert. Diese Anmerkung ist nicht für die Situationen im Stück gedacht, in denen Leidenschaft und Emotion wichtiger sind als die Sprache.

Motiviertes Ensemble


Acht junge, motivierte Schauspielerinnen und Schauspieler stehen auf der Bregenzer Bühne. Hanna Binder überzeugt als Penthesilea mit ihrer körperlichen Ausdrucks- und Strahlkraft. Achilles, der verzaubert ist von dieser starken Frau, wird glaubhaft dargestellt von Felix von Bredow. Isabel Hindersin, die sprachlich Versierteste, gibt eine großartige Prothoe und auch Alexandra Riemann weiß als Meroe zu bannen, ebenso Camilla Nowogrodzki als Asteria. Mathias Kopetzki, Markus Subramaniam und Maximilian Laprell bespielen als unerschütterliche griechische Anführer Odysseus, Diomedes und Antilochus den Bühneraum.

Klarer aussagestarker Raum


Die Bühne von Frank Albert und Kostüme von Lisa Däßler sind schlicht-modern in grau und schwarz gehalten und erzählen doch eine Geschichte, eine Geschichte, die auch vom Lichtdesign Arndt Rösslers assistiert und gestärkt wird. Der graue Raum mit Wasserspender symbolisiert die Beton-Glas-Paläste der Globalplayer des 21. Jahrhunderts, wo die heutigen Kriege westlicher Wirtschaftsmächte und Imperien stattfinden.

Die gestrige Premiere hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Trotz kreativer Regie, einer schönen Choreographie, trotz darstellerischer Qualität und toller Ausstattung, konnte der Abend nicht hundertprozentig überzeugen. Das Publikum reagierte gemischt, verhalten bis begeistert, dem Abend entsprechend.

 

Weitere Aufführungen: 22/09, 07/10, 10/10, 15/10, 25/10, 30/10
Stückeinführungen: 07/10, 30/10, 18.45 Uhr, Kleines Haus