Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 10. Jän 2017 · Musik

„Die Qual der Wahl“ – Die siebente Ausgabe der „Montforter Zwischentöne“ stellt Entscheidungen in den Mittelpunkt

Der freie Wille des Menschen verurteilt ihn gleichzeitig, ständig Entscheidungen treffen zu müssen. Diesem breiten Feld widmet sich die siebente Ausgabe der „Montforter Zwischentöne“. Verantwortlich dafür zeichnen nun bereits im dritten Jahr die künstlerischen Leiter Folkert Uhde und Hans-Joachm Gögl. Ihr Konzept, kulturelle Veranstaltungen auf ihre Alltagstauglichkeit zu prüfen und Menschen aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen mit einzubeziehen, ist auf fruchtbaren Boden gefallen. Die einzelnen Programme, aufgeteilt in drei Zyklen, finden Publikumszuspruch. Im kommenden Jahr werden die "Montforter Zwischentöne" deshalb zu 99,99% fortgesetzt, verspricht Barbara Schöbi-Fink im Rahmen eines Pressegesprächs. Das aktuelle Programm wurde unter dem Leitgedanken „entscheiden! Im Ungewissen wählen“ zusammengestellt. Dabei gestaltet das Sinfonische Blasorchester Vorarlberg mit seinem Dirigenten Thomas Ludescher ein Konzert unter dem Motto „Marsch in die falsche Richtung“. Das Vorarlberger Landeskonservatorium feiert sein 40-jähriges Bestandsjubiläum mit einem großen Hauskonzert in den altehrwürdigen Räumlichkeiten des ehemaligen Jesuitenkollegs „Stella Matutina“.

Der Geschäftsführer des Feldkircher Montforthauses, Edgar Eller, begrüßte die Medienvertreter mit einem bemerkenswerten Satz. Die Fähigkeit des freien Entscheidens mache den Menschen zu dem, was er ist und genau diese Möglichkeit unterscheide die Menschen von den Tieren, betonte er. An dieser Stelle soll diese Aussage unkommentiert bleiben, denn auf jeden Fall ist der Prozess der Entscheidungsfindung – ob kognitiv oder aus dem Bauch heraus - vielschichtig und komplex. Etwa 16.000 mal entscheiden wir uns täglich.

Sich über die ständigen Entscheidungsfindungen Gedanken zu machen und sich künstlerisch damit auseinander zu setzen, ist ergiebig. Dabei ist zweitrangig, ob sie unterm Strich als gut betrachtet oder als Fehlentscheidungen bewertet werden. Dazu eingeladen haben die künstlerischen Leiter Hans-Joachim Gögl und Folkert Uhde sowie das „Sinfonische Blasorchester Vorarlberg“ unter der Leitung von Thomas Ludescher, das bereits zum dritten Mal bei den „Montforter Zwischentönen“ mitwirkt.

Der Ursprungsgedanken für das reizvolle Programm des SBV war, dass es doch auch schön wäre, Fehlentscheidungen aufgreifen zu können, erzählt Thomas Ludescher. Fehlentscheidungen in der Musik gibt es nicht wenige, doch sie treten meistens erst später ins Bewusstsein. In den „10 Märschen den Sieg zu verfehlen“ spielte Maurice Kagel mit den Idiomen der Marschmusik und verrückte sie ironisierend und in aberwitzigen rhythmischen Passagen. Die Frage, ob Schostakowitsch im Finale seiner fünften Sinfonie echten Jubel oder eine Farce zum Ausdruck gebracht hat, hat bis heute keine endgültige Antwort gefunden. Dies kann jede und jeder für sich entscheiden. Den vierten Satz wird das SBV in einer Bearbeitung für sinfonisches Blasorchester darbieten. Auch in diesem Zusammenhang gibt Thomas Ludescher zu bedenken, dass das Vorhaben, ursprünglich symphonische Werke für Blasorchester zu bearbeiten, eine gewichtige Entscheidung beinhaltet, die glücken kann, aber nicht muss.

Idee - Debatte - Juryentscheidung

Gespannt darf man die Juryentscheidung erwarten, wer den „Hugo“ des diesjährigen Konzertdramaturgiewettbewerbes erhält. Studententeams des Landeskonservatoriums, der Hochschule für Musik Nürnberg, des Mozarteums Salzburg sowie erstmals auch aus der Hochschule für Musik Basel präsentieren ihre Ideen für ein Konzert, das unter dem Leitgedanken „Träumen“ im Alten Hallenbad in Feldkirch realisiert werden soll. Im vergangenen Jahr war besonders dieser Abend ein inspirierendes Ereignis, bei dem außergewöhnliche Ideen und starke Musik zu hören war.

Bereits zum zweiten Mal wurden die künstlerischen Leiter der „Montforter Zwischentöne“ eingeladen, gemeinsam mit Institutionen anlässlich eines „Jubiläums“ eine „Festveranstaltung“ auszurichten. Ein voller Erfolg war im vergangenen Zyklus die Aufführung des „Messias“ mit dem Kammerchor Feldkirch, der mit diesem Ereignis sein 15-jähriges Bestandsjubiläum gefeiert hat. Nun gibt das Vorarlberger Landeskonservatorium in Kooperation mit den „Montforter Zwischentönen“ anlässlich der Gründung vor 40 Jahren ein Jubiläumskonzert. Das historische Gebäude des ehemaligen Jesuitenkollegs hat eine lange und reichhaltige Geschichte. Im Rahmen eines großen Hauskonzertes werden alle Räume für das Publikum geöffnet.

Das Gebäude selbst regt beim Durchwandern die Fantasie an, doch auch Geschichten von ehemaligen Internatsschülern und Zitate aus der Literatur stellen die Räumlichkeiten des Hauses dar. Siebzehn unterschiedliche Beiträge, darunter auch eine Mitmachjodeldarbietung und Chorgesang für alle bespielen das Haus. Gewünscht ist es, auch „der Historie und den Seltsamkeiten des Hauses auf die Spur zu kommen“, so Folkert Uhde. 

Nicht Zerstreuung, sondern Konzentration

Hans-Joachim Gögl wies auf die Intention der „Montforter Zwischentöne“ im allgemeinen hin. Bedeutend ist es, die Festivalbesucher durch ihre eigenen, mitgebrachten Erfahrungen Musik und Kultur neu oder jedenfalls anders erleben zu lassen. Nicht die Zerstreuung soll dabei im Vordergrund stehen. Vielmehr möchten die Festivalleiter starke Musikerfahrungen bieten und Räume zur Konzentration schaffen.

Eingeladen ist dazu auch Matthias Sutter, Professor für Verhaltensökonomie, der zahlreiche Labor- und Feldstudien über Entscheidungsfindungen bei Kindern und Erwachsenen erforscht. Einer breiteren Öffentlichkeit ist der aus Vorarlberg stammende Wissenschaftler durch sein Buch „Die Entdeckung der Geduld – Ausdauer schlägt Talent“ bekannt geworden. Im Zusammenwirken mit dem „Atrium Quartett“ wird er Entscheidungen des Publikums bei der Werkauswahl kommentieren.


4.-26. Februar 2017, Montforter Zwischentöne, „entscheiden! Im Ungewissen wählen...“

www.montforter-zwischentoene.at