Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Anita Grüneis · 25. Aug 2017 · Musik

David Garrett sorgt für einen furiosen Auftakt beim ersten Classic Open Air Vaduz

Der Auftakt ist geglückt. Das erste Vaduz Classic Open Air wurde von Stargeiger David Garrett, dem Sinfonieorchester Liechtenstein mit Gast-Dirigent Yaron Traub schwungvoll und mit viel Spiellust eröffnet. Dreitausend Menschen saßen auf dem Dach der Marktplatzgarage in Vaduz, hinter sich das hell erleuchtete Schloss Vaduz, vor sich die gläserne Rundbühne. Das Wetter zeigte sich instabil. Vor Konzertbeginn hatte es noch kräftig geregnet und auch pünktlich zum Auftritt von Stargast David Garrett setzte ein Schauer ein. Die meisten Besucher saßen daher vorsichtshalber von Anfang an in durchsichtigen Plastik Coats auf ihren Plätzen, sogar das Erbprinzenpaar hatte sich die Regenhaut übergezogen, die am Eingang an alle Besucherinnen und Besucher gratis verteilt worden war.

Das Programm begann mit einer Referenz an die diesjährigen Bregenzer Festspiele: Zu hören war George Bizets "Carmen-Suite Nr. 1". Ein Werk, bei dem jeder Satz zum Mitsingen oder Mittanzen einlädt, das mit jeder Note die Oper lebendig werden lässt, von der lyrischen Stimmung bis zur Todesahnung. Das Sinfonieorchester Liechtenstein SOL interpretierte die Suite mit Schwung, tänzerischer Leichtigkeit, aber auch mit schwärmerischem Pathos. Das Temperament von Yaron Traub, Chefdirigent des Orquesta Valencia, schien sich direkt auf die Musikerinnen und Musiker zu übertragen.  

Carmen und Beethoven – zwei Klassik-Schlager

Nach solch einem furiosen Einstieg Beethovens Sinfonie Nr. 5 in c-Moll, die Schicksalssinfonie, anzuschließen, ist nicht leicht. Denn jeder kennt die berühmten ersten vier Töne „ta-ta-ta-taaaa“, die ein Drama anzukündigen scheinen. So pocht das Schicksal an die Pforte“, soll Beethoven selbst zu diesen Klängen gesagt haben. Was wie ein Paukenschlag beginnt, verwandelt sich aber schon im zweiten Satz zu einem filigranen Formteil, der viele zarte Momente aufweist. Dieser Spannungswechsel ist für jedes Orchester eine Herausforderung, auch das SOL zeigte teilweise leichte Mühe, es kam zu intonatorischen Unsauberkeiten und die Einsätze waren nicht immer korrekt, es fehlten teilweise die großen Bögen, die der Sinfonie den Zusammenhalt geben. Doch im letzten Satz hatte Dirigent Yaron Traub das Orchester wieder voll im Griff und ließ die Sinfonie kraftvoll und wuchtig ausklingen.

Und dann der Stargeiger Garrett

Als nach der Pause David Garrett auf die Bühne kam, gab es – bevor er noch einen Ton spielte - die ersten bewundernden Pfiffe. Der Popstar-Geiger zeigte sich als gute Wahl für die Eröffnung des Classic Open Air. Er ist nicht nur ein Frauenschwarm, der sich gerne im Crossover Bereich tummelt, er beherrscht auch die klassische Literatur meisterhaft. So hat er Tschaikowskis „Konzert für Violine und Orchester in D-Dur op 35“ bereits als 15-Jähriger auf CD eingespielt. In Vaduz bewies der nun 36-Jährige, dass er das Stück verinnerlicht hat. David Garrett beherrschte jede Note souverän, er schien zu improvisieren, rückte die Tempi manchmal in Jazznähe. Seine Kadenzen waren von einer unglaublichen Virtuosität und Rasanz, seine Stradivari verströmte einen Klang, der das Publikum in andere Sphären hob. Interessanterweise stand er bei seinem Spiel immer sehr nah beim Dirigenten, schien sich mit ihm zu unterhalten, nahm auch Augenkontakt mit den Musikern auf, wurde so Teil des Orchesters und war mit seiner dynamischen Virtuosität doch selbst ein ganzes Orchester.

Das Publikum war hell begeistert und dankte mit Standing Ovations. Da blieb auch die Zugabe nicht aus. Garrett forderte alle Streicher zum Pizzicato von Paganinis „Karneval in Venedig“ auf, bevor er selbst zum Bogen griff und das Volkslied" anstimmte, das immer an das Lied „Mein Hut, der hat drei Ecken“ erinnert. Bei seiner zweiten kurzen Zugabe zeigte Garrett erneut eine Probe seines stupenden Könnens und seines Einfühlungsvermögens. Er kann einfach alles meisterlich spielen, ob Coldplay, Bon Jovi, die Beatles, Tschaikowski oder Paganini.