Zwist oder Twist - Das walktanztheater.com zeigt die Collage „Mord am Popocatepetl“ aus Texten der Vorarlbergerin Verena Rossbacher in einer traurig-komischen Revue
Am Ende schütteln alle heftig die Glieder, und Brigitte Walk singt dazu den „Popocatepetl-Twist, bei dem Pepito alle Mädchen küsst“. Eine grelle Wolke von Kitsch legt sich über das Elend misslingender Beziehungen. „Willst du mit mir die Töpferscheibe des Lebens weiterdrehen?“ „Willst du mit mir dem Rückgang der Geburtenrate tatkräftig entgegenwirken?“ „Da sage ich nicht nein!“ lautet die Antwort. Liebe ist nur um den Preis der Ironie zu haben.
Du, ich habe mein Herz verloren!
Eigentlich, meint Verena Rossbacher, sei es unverantwortlich, Zwanzigjährige aufeinander loszulassen in eine Beziehung. Da habe doch noch jede und jeder mit sich selbst genug zu tun. Schon, ja. Aber was heißt „aufeinander loslassen“? Gibt es hier einen Strippenzieher? Regisseur Fabian Alder setzt den lieben Gott hinter ein DJ-Pult, drückt ihm eine E-Gitarre in die Arme und lässt ihm einen Glorienschein aus Neonröhren leuchten. Und Gott ruft seinen Erzengel („ich darf dich doch Gabi nennen?“) herbei. Der entschwindet Richtung Erde. Die ist eine Wüste, in der Gabriel gleich zur Schaufel greift, um einen Mann mit Sand zu bedecken. „Du, ich habe mein Herz verloren!“ singt der, während von der Showtreppe seine Klara bereits mit dem Nächsten heruntertanzt – Glück und Tod sind in einer Schlagerformel kitschig vereint.
Fabian Alder mischt eine kräftige Dosis Revue in Verena Rossbachers Textcollage. Die Bilder von Erdbeeren und Krabben, vom Verschlingen und Sich-Verzehren stammen aus ihrem Debutroman „Verlangen nach Drachen“, viele Dialoge kommen aber auch aus dem im Frühjahr erscheinenden zweiten Buch „Schwätzen und Schlachten“. Es sind präzise Beobachtungen jener Sehnsüchte und Ausbrüche, die eine Liebe scheitern lassen. „Du bist so kalt“, klagt Klara. „Spürst du mich nicht?“ Klara kuschelt sich an ihren Freund – der einfach nur lesen will und nicht „immer dieses Spüren“. Johannes Gabl ist von entzückender Komik. In feinster Dosierung spielt er die allmählich genervte Überforderung, während Michaela Bilgeri den empathiefreien Hunger nach Bestätigung um eine weitere Schraubendrehung anzieht. Peter Bocek schlüpft in die Rolle eines von seiner Eifersucht in pathologische Zustände getriebenen Stalkers, und Romeo Meyer gibt den Guru mit indischem Akzent, dessen Atemübungen auch niemandem weiterhelfen.
Weihnachtswunder
„Mord am Popocatepetl“ ist ein Weihnachtswunder, das dessen Helden mit spitzen Fingern anfasst. Aber es ist ein Weihnachtswunder. „Der Josef war ein armer Hund“, ist Peter Bocek als gehörnter Ehemann sicher. Aber „der Josef“ ist trotzdem ein Held. Die Maria sowieso, auch wenn sie von ihren Männern immer Klara genannt wird. Da ist sie großzügig, denn die will ja die Töpferscheibe des Lebens weiterdrehen und den Rückgang der Geburtenrate aufhalten.
„Mord am Popocatepetl“ wird bis 1. 12. täglich außer Montag im Alten Hallenbad in Feldkirch gespielt.