Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Annette Raschner · 23. Sep 2016 · Theater

Zurück an den Anfang - "Paradies oder nach Eden" am Vorarlberger Landestheater

Eine musikalische Uraufführung hat die neue Spielzeit am Vorarlberger Landestheater eingeläutet. „Paradies oder nach Eden“ bildet den Abschluss des Hieronymus Bosch-Zyklus „Der Garten der Lüste“. Im Auftrag von Intendant Alexander Kubelka haben sich Bachmannpreisträgerin Maja Haderlap und die slowenische Komponistin Nana Forte von dem auf der linken Innentafel abgebildeten Paradies inspirieren lassen. Die Premiere hinterließ jedoch einen ambivalenten Eindruck.

„Es werde Licht!“ sagt hier kein Gott, sondern ein aalglatter, unter Gedächtnislücken leidender Spielleiter (Erwin Belakowitsch), dem sein Assistent (Jeff Martin) immer mal wieder auf die Sprünge helfen muss. Zurück an den Anfang lautet die Losung. Ein voneinander entfremdetes, schon etwas in die Jahre gekommenes Paar (Sabina Martin und Christian Sist) erhält noch eine letzte Chance. Das Paradies kehrt wieder ein.

Überzeugende Ökonomie der Sprache

Kein klassisches Ehe- , und Beziehungsdrama, sondern eine subtile, literarische Reise ins Innere von zwei Menschen, deren Liebe zueinander auf der Strecke geblieben ist: Das war die Intention von Maja Haderlap, deren fulminantes Romandebüt „Engel des Vergessens“ nicht nur mit dem Ingeborg-Bachmannpreis 2011, sondern auch mit dem Bruno-Kreisky-Preis und dem Rauriser Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Üppige lyrische Passagen in Arienform, die die unerfüllten Sehnsüchte des Paares zum Ausdruck bringen, kontrastieren mit stark verknappten Dialogen, bei denen man weiß, dass man wieder in der Realität angekommen ist. „Ich liebe, aber ich hasse dich“, sagt er zu ihr. Und sie: „Unerbittlich ist das Ideal der Liebe.“Dass Maja Haderlap einst sechzehn Jahre als Dramaturgin am Stadttheater Klagenfurt tätig war, spürt man bei jeder Zeile. Hier ist keine leere Geschwätzigkeit am Wort, hier herrscht eine überzeugende Ökonomie der Sprache vor.

Starker Chor, uninspirierte Regie

Stark, etwas zu stark, war die literarische Vorlage offenbar für die junge, slowenische Komponistin Nana Forte, deren Musik durch die inneren und äußeren Welten leiten sollte. Aber es gibt durchaus überzeugende Momente voller Farbenreichtum und rhythmischer Komplexität. Dem Chor, in diesem Falle dem Bregenzer Festspielchor, kommt dabei eine tragende Rolle zu, und er bewältigt diese Aufgabe – unter der musikalischen Leitung von Benjamin Lack – mit Bravour. Das neunköpfige Orchester agiert mit Schwung, wenngleich teilweise zu laut, was die ohnehin nicht allzu gute Verständlichkeit der lyrischen Arien-Passagen zudem erschwert.
Die Leistungen der fünf Sängerinnen und Sänger sind überzeugend, einzig und allein Lona Culmer-Schellbach als Schlange erweist sich stimmlich und sprachlich der Aufgabe nicht ganz gewachsen.
Für den ambivalenten Eindruck sorgt die uninspirierte Regie von Igor Pison, der mit diversen Allgemeinplätzen (Stichwort: gelangweilter, Zeitung lesender Ehemann) eher verärgert als erfreut und keine adäquate Sinnlichkeit der Szenen für die vorhandene Sinnlichkeit der Haderlapschen Sprache gefunden hat. Verhaltener Applaus des Premierenpublikums!