Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Dagmar Ullmann-Bautz · 07. Nov 2009 · Theater

Spielen, tanzen, leben

Inge Maux und Jens Ole Schmieder spielten und tanzten sich bei der Premiere zu Richard Alfieris Stück „Sechs Tanzstunden in sechs Wochen“ am Vorarlberger Landestheater in die Herzen des Publikums.

Seit Menschengedenken wird getanzt - Tanzen ist eine wunderbare Sache, eine verbindende, eine friedenstiftende, eine glücksbringende - weltweit wissen das die Menschen, die es tun. Und die, die zusehen, spüren es. Diese Tatsache als Instrument zu verwenden um Themen zu transportieren, ist eine köstliche Idee. Das Schauspiel durch ein Tanzpaar (Juanita Hieble und Thomas Kos) zu unterstützen ist ein lobenswerter Einfall, der dem Abend viel Glanz verliehen hätte, wäre hier auf dieselbe Professionalität geachtet worden, wie bei der Auswahl der beiden Schauspieler. Das Spiel der Protagonisten – von Lily, der 70-jährigen Pastorenwitwe (Inge Maux) und Michael, dem schwulen und zynischen Tanzlehrer (Jens Ole Schmieder) – ist es, das in seiner Leichtigkeit tänzerische Dynamik aufzuzeigen vermag, die Tänzer Kos über Strecken vermissen lässt.

Mit viel Witz und Komik über ernste Themen

Lily hatte sich bei einer Tanzschule einen Tanzlehrer bestellt. In sechs Tanzstunden wollte sie Swing, Tango, Walzer, Foxtrott, Cha-Cha-Cha und moderne Ausdrucksformen erlernen, wollte sie tanzen im geschützten Rahmen ihrer vier Wände. In sechs Tanzstunden wetzen Tanzlehrer und Schülerin die Messer, übertrumpfen sich mit schlagfertigen Bösartigkeiten, spinnen und zerreißen Lügennetze, kommen sich näher, entwickeln Zuneigung und Freundschaft. Mit viel Witz und Komik gewürzt, bearbeiten Lily und Michael mit gegenseitiger Hilfe Themen wie Alter, Tod und Krankheit, tiefe Wunden und aufgeladene Schuld.

Hollywoodsche Tränendramatik

Bis zur Pause hin bot sich dem Publikum  ein herrlich entstaubter, luftiger Theaterabend, dem leider in der zweiten Hälfte ein Schuss zu viel an Hollywoodscher Tränendramatik verabreicht wurde. Was durch die Textvorlage des Amerikaners Richard Alfieri vorgegeben war, hätte die Regie (Nina C. Gabriel) etwas mehr bereinigen dürfen, anstatt noch eines drauf zu setzen. Paul Lerchbaumer baute dazu ein herrlich klares und offenes Bühnenbild, das dieser Inszenierung wirklich gut tut.
Michel Jacksons Musik und auch seine Art sich zu bewegen begleitete den Abend und ließ den Schluss aufkeimen, dass hier eine durch den Tod des Popidols und den Filmstart entstandene Hysterie ausgenutzt wurde. Als sich dann Regisseurin Nina C. Gabriel zum Schlussapplaus mit einem Jacko-Fan-T-Shirt präsentierte, erzählte dies eine etwas andere Geschichte.

Nur Maux und Schmieder überzeugten

Letztendlich waren es auch diesmal die Schauspieler, die der gestrigen Premiere am Landestheater und dem Theaterabend bis hin zum Schlussapplaus Glanz verliehen. Es waren Inge Maux und Jens Ole Schmieder, und nur die zwei, die diesen Abend getragen haben. Mauxs  Ausdruckskraft und Präsenz, ihre spielerische Energie, die wir schon in „Die Riesen vom Berge“ bewundern durften, vermochte sich durchzusetzen selbst gegen die schreckliche und erschreckend einfallslose Kostümierung, die ihr von Antoaneta Stereva verpasst wurde, während Jens Ole Schmieder in seinem Spiel mit hinter ausdrucksstarker Körperlichkeit versteckter Empfindsamkeit überzeugte.
Das Landestheater hat seinen Weg der Herzensangelegenheiten weiter beschritten - mit Spannung erwarten wir den nächsten Streich. 

Weitere Vorstellungen:
8./28.11. und 1./3./4./16.12., jeweils 19.30
Vorarlberger Landestheater, Großes Haus