Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Mirjam Steinbock · 28. Aug 2016 · Theater

Magic – Das Seelax-Intermezzo in Bregenz

Die grüne Wiese beim Bregenzer Eispavillon ist der zentrale Spielplatz von insgesamt fünf Aufführungen und Darbietungen aus Jonglage, Tanz, Zauberkunst, Figuren- und Clowntheater. Drei Abende lang schlägt Festivalleiter Willi Pramstaller einen Zelt- und Bühnenplatz auf und lädt kleine wie große Zuschauende in ein Zentrum von Humor, Artistik und zauberhafter Clownerie ein. Große Augen und offene Münder, sonores Lachen und glucksendes Kichern, begeistertes Klatschen und Bravo-Rufe begleiten die Darsteller des Seelax-Intermezzo in ihrem Spiel.

Atelier Lefeuvre & André gehören zu den Künstlern, die den Verein Caravan bereits seit zehn Jahren begleiten und das Publikum durch ihr einfallsreiches Spiel begeistern. In „La Serre“, dem Glashaus, lassen sie einen Garten mit artistischer Blütenpracht wachsen. Leveuvre, der seinen Körper vollkommen der Schwerkraft zu entziehen scheint, zeigt einen eleganten Pas de deux mit seiner Schubkarre und balanciert einen großen Stein für die Jonglage seines Partners André. Auf grünem Kunstrasen spielen sie sich gekonnt die Bälle einer langjährigen Bühnen-Freundschaft zu und nehmen die Zuschauenden mit ihrem französischen Charme gefangen.

Ebenso unwiderstehlich sind ihre katalanischen Kollegen von der Theaterkompanie La Tal, die auf einer großen Spieluhr im Freien zu bestaunen sind. Die drei Clowns bewegen sich als Figuren wie auf Schienen rund um die Mechanik des Zeitmessers. Erinnerungen an Charlie Chaplins „Modern Times“ kommen auf, und mit ebensolcher Überdimensionierung spielt die Truppe. Übergroße Hammer und andere Requisiten kommen ins Spiel. Der Sound ist überzeugend, die Melodien und Töne wiederholen sich und prägen sich schnell ein. Das Figurentheater wendet sich an Menschen ab fünf Jahren und findet seine Fans doch in sämtlichen Altersgruppen. Die Kostüme des Trios, dessen schlagkräftige Abenteuer originell erdacht sind, sind in bunten Farben gehalten und originell gestaltet.

Den Tricks auf der Schliche

Im Laufe des Abends können die Festival-Gäste von Zelt zu Zelt und von Bühne zu Bühne ziehen, alle Darbietungen können durch ihre Wiederholungen auch mehrmals angesehen werden. Der Zauberer Markus Zink verrät in „Schrott“ so manchen Trick. „Magic“, ruft er immer wieder ins Publikum, welches sich gern dazu animieren lässt, Teil des Spiels zu werden. Zink versteht es, die Zuschauenden mit Wortspielen und Geschichten zu fesseln und es gelingt ihm bei aller Entmystifizierung der Zauberwelt doch, sie einige Male hinters Licht zu führen.

Dies vermag die Gruppe Los Galindos leider nicht. Ihre Aufführung in einer traditionellen mongolischen Jurte beginnt zwar vielversprechend und mit Kreidezeichnungen auf dem Boden geradezu poetisch, schließlich verstrickt sich der federführende Darsteller jedoch in seinen Bemühungen durch die Darbietung zu führen. Deren Aussage erschließt sich nicht und so manchen Zuschauenden drängt es aus der Jurte. Der in die Jahre gekommene Artist wirkt verzweifelt in seinem Buhlen um Aufmerksamkeit. Auch das dramatische Spiel des Musikers tröstet nicht über das mangelnde Vermögen des grob agierenden Protagonisten hinweg. Ein kurz irritiertes Jurten-Publikum wird im Freien jedoch gleich wieder begeistert.

Ein zarter Tanz mit Fackeln

Der Jongleur Jörg Müller und seine von sechs Metern Höhe herabhängenden Metallröhren verschmelzen zu einer gemeinsamen Choreographie. Wie Tänzerinnen eines Ensembles wirken die Röhren, die der Künstler bei der abschließenden Nachtvorführung zu brennenden Fackeln werden lässt. Sie scheinen ein Eigenleben zu führen - mal werden sie kraftvoll angestoßen und wirbeln durch die Luft, dann drehen sich die Metallstäbe in einem Zirkel um Müller herum. Das wirkt umschmeichelnd und fast zärtlich, und es verwundert nicht, dass dies an Tanz erinnert. Jörg Müller, der seit Jahren mit dem bekannten amerikanischen Tänzer und Choreographen Mark Tompkins zusammen arbeitet, bewegt sich geschmeidig im Rhythmus der Stäbe. Sie nie aus den Augen lassend und wie in Zwiesprache mit ihnen verbunden, was vom Publikum mit lang anhaltendem Applaus bedacht wird.

Kultur für Alle

Eine gute Idee von Willi Pramstaller, das Intermezzo an diesem Platz stattfinden zu lassen. Dort, wo die ehemalige Seelax-Verortung „Freudenhaus“ stand und wo einem treuen Publikum jahrelang eine anregende Alternative zum so präsenten Opern-Spektakel auf der Seebühne geboten wurde. Dass der Leiter des Vereins Caravan, der sich seine Spielorte aufgrund fragwürdiger kulturpolitischer Entscheidungen stets neu suchen muss, selbst ein Meister der Jonglage und Festivalproduktion ist, wird an diesem fantastischen Wochenende nur zu deutlich. „Kultur für Alle“ lautet das Motto für das erste Seelax-Zwischenspiel, und es wird aufs Beste erfüllt.

Nächste Seelax-Aufführung: 12. Dezember 2016 mit „Gerhard Polt & Die Well-Brüder“ im Festspielhaus Bregenz.