Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Dagmar Ullmann-Bautz · 11. Apr 2014 · Theater

Kerrygold? – Nein, Österreich buttert selbst! - "Am Beispiel der Butter" im Theater Kosmos

Da sitz ich, esse mein Butterbrot und es schmeckt. Nach der gestrigen Großladung Butter im Theater Kosmos schon ein bisschen verwunderlich. Die österreichische Erstaufführung von "Am Beispiel der Butter" des steirischen Jungdramatikers Ferdinand Schmalz wurde von Stephan Kasimir inszeniert und feierte gestern seine Premiere in Bregenz.

Ferdinand Schmalz, eigentlich Matthias Schweiger, ist ein Senkrechtstarter, hat er doch mit diesem seinem ersten Stück den Retzhofer Dramapreis gewonnen und wurde mit der Leipziger Uraufführung (März 2014) umgehend zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen, wo er sich neben ganz großen Namen, wie z.B. René Pollesch, beweisen darf. Seit 1976 findet dieses in Deutschland sehr renommierte Festival statt, das Autorinnen und Autoren zeitgenössischer Theaterliteratur fördert, indem es einmal nicht die Inszenierung, sondern das Stück, den Text, in den Mittelpunkt rückt und bewertet. Am Ende der Veranstaltung vergibt der Veranstalter auf Juryentscheid den mit 15.000 Euro schön dotierten Mülheimer Dramatikerpreis.

Fette schmalzige Trägheit


"Am Beispiel Butter" kleidet ein altes Thema in ein neues, ein fettiges und sehr österreichisches Kleid. In eher manierierter Sprache, gespickt mit Zitaten von philosophischen Köpfen wie Carl Schmitt oder Walter Benjamin, erzählt Ferdinand Schmalz von einem, der sich nicht anpassen will und damit der Gemeinschaft ein Dorn im Auge ist, ein Übel sozusagen, das samt Wurzel ausgerottet werden muss.

Stephan Kasimir setzt in seiner Inszenierung auf die Trägheit, die fette, schmalzige Trägheit, die sich im Text ständig wiederholt. Die Figuren erscheinen wie ausgebremst, sitzen, lehnen, stehen, keuchen vor Anstrengung schon bei der kleinsten Bewegung. Nur ein wenig Beweglichkeit schleicht sich ein mit der Verliebtheit der beiden jungen Außenseiter Adi und Karina oder wenn Bahnhofswirtin Jenny mit Schnaps lockt, wohlgemerkt vergiftetem Schnaps. Das im Spiel homogene Ensemble schafft es perfekt diese Trägheit durchzuziehen, eine Trägheit, die auf den Zuschauer zwischenzeitlich recht quälend wirkt, vielleicht auch so wirken soll.

Neue Gesichter neben alt bewährten


Hubert Dragaschnig gefällt als Dorfpolizist Hans, der die Staatsgewalt im Hobby-/Folterkeller intensivst auslebt. Er lässt das Lachen gefrieren ob seiner zutiefst sachlich berichteten Grausamkeiten. Jenny, die Wirtin in der Bahnhofreste, die der verlorenen inneren Prinzessin nachweint und mit jedem Gast das Glas hebt, einfach nur um dabei zu sein, dazuzugehören, wird eindrucksvoll dargestellt von Martina Spitzer, hierzulande bekannt durch das Projekttheater Vorarlberg. Anwar Kashlan, praktisch ein Stammgast auf der Kosmos-Bühne, bannt in der Rolle des Molkereimanagers, einer ganz fiesen Charaktere, die sich hinter steif lächelnder Fassade verbirgt. Und dann sind da noch die zwei Jungen, die sich verbünden gegen das Fiese, das Unklare, das so in Schieflage geratene. Köstlich, wie Chris Mancin und Tina Winkler den beiden Figuren Adi und Karina einen so natürlichen, so zutiefst alpenländischen Touch geben.

Stark wirksames Bühnenbild


Caro Stark hat ein Bühnenbild entworfen, das mit seiner überbordenden Kulinarik anspricht, riesige Butterstücke in aufgerissenem Papier und eine Sonne, die hell auf grellgrüne Wiesen und goldene Kühe strahlt während es darunter schaurig dunkel ist. Unverdrossen und milde lächelt unser Bundes-Heinzi vom Plakat und verkündet: Meine Heimat, meine Milch! Die unterschiedlichen Ebenen der Bühne wie die ebenso vielschichtigen Gefühlszustände hat Lichtingenieur Markus Holdermann einfühlsam und stimmig be- und ausgeleuchtet.

Das Publikum bedankte sich mit großem Applaus, wohl auch beim Autor, der zur österreichischen Erstaufführung nach Bregenz gereist war und die Aufführung des Stückes sichtlich genoss.