Großartiges Schauspiel – „Die Jungfrau von Orleans“ in Bildstein
Das Premierenpublikum erlebte gestern einen in höchstem Maße auf- und anregenden Abend. In Bildstein, auf dem Platz hinter der Kirche, einem Aussichtspunkt sondergleichen, spielten sich kriegerische, blutrünstige, emotionale, leidenschaftliche, sinnliche und dramatische Szenen ab. Sowohl die Schauspielerinnen und Schauspieler, als auch die Natur boten Großartiges.
Mitreißende Geschichte
Es wurde die romantische Tragödie „Die Jungfrau von Orleans“ von Friedrich Schiller gegeben, inszeniert von Bettina Bruinier im Auftrag des Vorarlberger Landestheaters. Bruinier hat einen beeindruckenden Job gemacht, ließ weibliches Gespür und Inspiration walten und präsentierte dem Publikum eine unglaublich mitreißende, atemberaubende Geschichte.
Kraftvolle Spielfläche
Der Platz in Bildstein, der schon 2014 bei Calderóns DAS GROSSE WELTTHEATER seine ganze magische Kraft offenbarte, schenkte dem Theater und seinem Publikum wiederum eine unvergleichliche Kulisse, die Bruinier und ihr Team gekonnt zu nutzen wussten. Eine variable und gleichzeitig kraftvolle Spielfläche, entworfen von Ausstatterin Mareile Krettek, dient als Spielwiese, die mit etwas Fantasie einen erstaunlichen Formenreichtum entfaltet. Einfache Stufen, aus Holz gefertigt, verwandeln sich in Türme von Särgen, zum Schlachtfeld oder zum Königssaal. Die Protagonisten kleidete Krettek in ganz einfache, schöne und heutige Kostüme, mit klaren Verweisen.
Faszinierende Schauspielerinnen und Schauspieler
Das Ensemble brillierte mit einer überschäumenden Energie, einer Leidenschaft, die Funken sprühte. Mareile Blendl überzeugte als Johanna in jeder Sekunde, als scheues Bauernmädchen, das aufsteigt zur erbarmungslosen, kraftvollen Kriegerin, unbezwingbar und unverletzbar, wie auch als sensible, verunsicherte, aus der Spur geratene Person, als Frau, die alle emotionalen Höhen und Tiefen durchlebt. Gleichermaßen zieht Schauspieler Luzian Hirzel in den Bann. Sein Körper, seine Mimik, seine Stimme sind Spiegel der Seele dieses glücklichen, wie auch zutiefst unglücklichen Königs von Frankreich. Die Mutter, Königin Isabeau, eine sehr verletzte und äußerst grausame Kreatur, wird von Katja Uffelmann mit Vehemenz und Ausdruckskraft gespielt. In der Rolle der schmeichelnden und ständig taktierenden, recht extrovertierten Geliebten des Königs, beweist sich hervorragend Katarina Schröter. David Kopp weiß als Herzog von Burgund eindrucksvoll zu überzeugen, sowohl als Sieger als auch als Besiegter. Eine starke und selbstbewusste Persönlichkeit ist Graf Dunois und Schauspieler Oliver Urbanski nuanciert diesen sehr treffend und genau. Gleich in zwei Rollen trifft Tobias Schormann immer den absolut richtigen Ton - als schüchterner und Johanna verehrender Bertrand und als kämpferischer Offizier. Bernhard Leute verkörpert souverän den Vater von Johanna, einen englischen Feldherrn und den schwarzen Ritter. Und last but not least Toks Körner, als Engländer Lionel, streitbar und stark, wirkungsvoll und feinfühlig, der Johanna letztlich zur Achillesverse wird.
Überwältigende Musik
Und wenn man glaubte, es ginge nicht besser, so ist die Musik des Komponisten David Rimsky-Korsakow noch nicht genannt worden. Sie fesselt jeden Augenblick, sie hält in Atem, erzeugt ganz große Emotionen, geht jeder Regung genauestens auf den Grund, ist einfach nur beglückend. Ein ganz großes „Bravo“!
Ist es im ersten Teil des Abends die Natur, die die Lichtregie führt, zeichnet im zweiten Teil Arndt Rössler, professionell und kreativ, wie von ihm gewohnt, verantwortlich für die gekonnten Lichtstimmungen.
Der Premierenabend wurde, als der Regengott sich kurz vor Schluss immer störender ins Spiel einbrachte, abgebrochen. Die Enttäuschung über das zu frühe Spielende war dem Ensemble deutlich anzumerken. Das begeisterte Publikum bedankte sich trotz des zunehmenden Regens mit einem langanhaltenden und durch Jubelrufe gekrönten Applaus.
WEITERE AUFFÜHRUNGEN:
Di 30/05, Fr 02/06, Sa 03/06, Sa 10/06, Mi 14/06, Sa 17/06, Do 22/06, Fr 23/06, So 25/06, jeweils 20.00 Uhr
Platz der Wallfahrtskirche Maria Bildstein