Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Dagmar Ullmann-Bautz · 14. Jän 2015 · Theater

Feinfühlige Seelenlandschaften - Federico Garcia Lorcas "Bluthochzeit" am Vorarlberger Landestheater

Gestern feierte "Bluthochzeit" am Vorarlberger Landestheater Premiere. Federico Garcia Lorca, geboren 1898, ist einer der bedeutendsten spanischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Am 19. August 1936 wurde er im Alter von 38 Jahren von einer Falange-Milizgruppe der Guardia Civil ermordet. Grund dafür waren seine gesellschaftskritischen Arbeiten und vermutlich auch seine Homosexualität.

1932  schrieb er das Stück "Bluthochzeit", nachdem er schon Jahre zuvor die Zeitungsnotiz über eine Bluttat während einer Hochzeit auf dem Land gelesen hatte. "Bluthochzeit" zählt neben "Yerma" und "Bernarda Albas Haus" zur sogenannten Bauerntrilogie und erzählt von der unbändigen Kraft einer Liebe, die sich über alle Konventionen hinwegsetzt. Der Staub, die Hitze, die Kargheit der abgelegenen Landschaft im Süden Spaniens, wo noch archaische Traditionen vorherrschen, potenzieren das leidenschaftliche Drama um Liebe und Eifersucht.

Eindrucksvolle Regie


Schon mit "Emilia Galotti" hat Regisseurin Sigrid Herzog gezeigt, wie exakt sie menschliche Emotionen freilegen kann. Ihre Inszenierung von Lorcas "Bluthochzeit" beweist dies noch eindrucksvoller. Mit chirurgischer Genauigkeit zeichnet sie Höhen und Tiefen, alle Facetten des menschlichen Fühlens, konzentriert sich und fokussiert den Blick des Zuschauers auf die inneren Zustände, Bewegungen und Kämpfe der Protagonisten.

Aufwühlendes Spiel der Emotionen


Auf der wunderschönen, sehr reduzierten Bühne von Simone Grieshaber, die die Kargheit, aber auch die Schönheit des andalusischen Hochlandes, genauso wie die Seelenzustände der dort lebenden Menschen stilisiert abbildet, präsentiert Herzog ein ganz unspektakuläres, aber umso aufwühlenderes Spiel der Emotionen. Lichtgestalter Arndt Rössler spielt gekonnt mit Stimmungen auf der gleichzeitig harten und so zarten Bühne und auch die Kostüme von Bettina Werner fügen sich wunderbar in diese tiefgründige Arbeit. Farbe in den Gesichtern der Figuren schärfen die Konturen und dokumentieren eine weitere Perspektive.

Großartiges Ensemble


Die SchauspielerInnen leisten Großartiges, ohne überbordende äußere Aktionen zeichnen sie eindrucksvoll ihre Charaktere. Besonders Charlotte Schwab als Mutter des Bräutigams lässt uns ihr Leiden - ihr Mann und ihr Sohn wurden vor Jahren umgebracht - aber auch kleine Freuden, unterdrückte Wut gepaart mit Stärke und Stolz, miterleben. Ihr Gesicht, ihre Augen spiegeln die Seele dieser innerlich beschädigten, aber äußerlich aufrecht stehenden Frau. Der Vater der Braut, spannend dargestellt von Otto Kukla, visualisiert mit äußerlicher Leichtigkeit die Kargheit seines Lebens und Härte der täglichen Arbeit. Seine Tochter, die Braut, ein nach dem Glück suchendes Wesen das kläglich scheitert wird ganz unaufgeregt, wunderbar still, von Elzemarieke de Vos gespielt. Großartig unterstützt wird sie von Laura Mitzkus als Dienstmagd, die alles im Griff zu haben scheint und der doch alles entgleitet. Der Bräutigam präsentiert sich als Traum aller Schwiegereltern, fleißig, geradlinig, liebevoll, wohlhabend. Michael Stange verkörpert neben all diesen Eigenschaften auch die große Anstrengung der Figur, welche das Leben ihm als einzig überlebendem Mann der Familie aufgebürdet hat.

Leonardo, der frühere Verlobte der Braut, ist, trotz Heirat, niemals von ihr losgekommen. Paul Walther offenbart die Zerrissenheit und Leidenschaft dieses Mannes. Seine hochschwangere Frau, unspektakulär stimmig Klara Pfeiffer, sieht, spürt und erlebt die Aussichtslosigkeit ihrer Situation.
Bettina Hauenschild als Nachbarin, Eberhard Peiker als Holzfäller und Benjamin Schroeder als Bursche fügen sich ausgezeichnet in dieses expressive Spiel der Emotionen.

Betörend schöne Musik


Musik spielt eine große Rolle in der Inszenierung von Sigrid Herzog. Der junge, hochtalentierte Komponist Benedikt Brachtel vertonte die lyrischen Textpassagen Lorcas. Die wunderschöne Musik wird von Valeriya Kachurovskaya am Klavier, dem Streicher-Ensemble ensemble plus, der Sopranistin Anna Rajah, dem Tenor Richard Resch und dem Bariton John Carpenter so einfühlsam interpretiert, dass es Freude macht dieser herrlichen Musik zu lauschen, auch wenn sie am Höhepunkt der Handlung den Spannungsbogen ein wenig überraschend dem Ende zuführt.

Beeindruckender Abend


Die unaufdringliche Choreographie von Magdalena Padrosa verdeutlicht gesellschaftliche Zwänge, Gleichschaltungen sowie Vorgänge und bereichert die Geschichte damit eindrucksvoll. Padrosa ist Leiterin des Opernballetts an der Bayerischen Staatsoper sowie Lehrbeauftragte an der Fock-Nüzel-Ballettschule in München.

Am Ende des Abends bedankte sich ein zutiefst beeindrucktes, ja man möchte sagen „ins Herz getroffenes“ Publikum mit großem und langanhaltendem Applaus für dieses hervorragend gelungene Stück Bühnenkunst.

 

Weitere Vorstellungen:
15/01, 10/02, 13/02, 20/02, 25/02, 27/02 | 19.30 Uhr
Stückeinführungen: 13/02, 27/02 | 19.00 Uhr