Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Dagmar Ullmann-Bautz · 10. Okt 2016 · Theater

Erfrischend publikumsnah - Molières „Der Geizige“ am Vorarlberger Landestheater

Am Samstag feierte „Der Geizige“ seine Premiere am Vorarlberger Landestheater. Die Komödie von Jean Baptiste Molière, die ihre Uraufführung 1668 erlebte, muss nach wie vor als topaktuell bezeichnet werden, leben wir doch unzweifelhaft in einer Zeit wo Reichtum Reichtum mehrt, der Mittelstand sukzessive wegzubrechen droht und nicht von ungefähr „Geiz geil ist“. In einer Welt, die gleichzeitig jedoch nur noch zu funktionieren scheint, wenn auch ordentlich konsumiert wird. Molière hat mit seiner Posse ein immerwährendes Thema aufgegriffen, dieses in eine großartige dramatische und herrlich witzige Form gebracht und damit ein Stück geschaffen, das zu den ganz Großen, den Klassikern, gehört, die immer wieder gespielt werden.

Slapstick, Gags und Kapriolen

Heike Frank hat den „Geizigen“ in Bregenz in ihrer eigenen Übersetzung interpretiert, indem sie klassische Bühnensprache mit moderner Alltagssprache mischt und so das Stück recht frisch und publikumsnah daherkommen lässt. Dieser Eindruck verstärkte sich nach der Pause, als sich das Spiel zum Gaudium der Zuschauer eine Zeit lang in den Publikumsraum verlagerte.
Frank hat handfest inszeniert, hat dem Wortwitz des Stückes klassischen Slapstick, Gags und Kapriolen hinzugefügt und auch einiges an körperlichem Einsatz von ihren SchauspielerInnen gefordert. Ein paar Proben mehr vor der Premiere hätten dem Ensemble wohl noch gut getan, so gab es vor der Pause kleine Anlaufschwierigkeiten und die Geschichte nahm erst relativ spät Fahrt auf. Auch war die eine oder andere Unsicherheit noch zu spüren und man hatte an manchen Stellen das Gefühl, da ginge noch etwas mehr.

Ergänzende Bildsprache

Das heruntergekommene Zimmer im Haus des geizigen Harpagon, in dem schon ewig nichts mehr repariert wurde, steht in wunderbarem Kontrast zu den neuen Kleidern, in die sich die jungen konsumfreudigen Menschen, ständig werfen. Bühnenbildner Ralph Zeger und Kostümbildnerin Miriam Aksoy haben hier eine sehr ansprechende, sich ergänzende Bildsprache gefunden. Das sparsame, aber sehr genau eingesetzte Licht von Arndt Rössler unterstützt und bereichert das Setting.

Spannendes Ensemble

Sven Walser spielt einen sehr quirligen Harpagon, der im komödiantischen Spiel mit dem Publikum brilliert, den Schmeicheleien von Valère und Frosine einfach wunderbar erliegt, um dann aber mit Scharfsinn und Eigenwilligkeit seiner und nur seiner Sache, dem Geld, für immer und ewig, aller Einsamkeit zum Trotz, treu zu bleiben.
Bei Tochter Elise, etwas unscheinbar dargestellt von der in der „Kahlen Sängerin“ so präsenten Bo-Phyllis Strube, ist die Zerrissenheit zwischen der großen Liebe zu Valère, den Ansprüchen eine gute Tochter zu sein und trotzdem eigenständige Entscheidungen zu treffen, erahn- und spürbar.
In der Rolle des Sohnes Cléante überzeugt Wolf Gerlach als Beau, als Dandy, wie er im Buche steht. Seine Liebe zu Mariane ist groß, aber seine Liebe zum Geld nicht weniger. Anders als sein Vater jedoch liebt er das Geld des Konsums wegen.
Dan Glazer spielt den Valère mit viel Einsatz, spielerischer Leichtigkeit, unterstreichender Mimik und Gestik, aber leider sprachlichen Schwächen. Die junge Mariane, von Cléante wie auch von Harpagon begehrt, wird von Alexandra Maria Nutz etwas angestrengt, doch äußerst präsent, mit viel Spielfreude dargestellt. Johanna Steinhauser und Mathias Kopetzki begeistern in ihrer Dynamik und Zeichenhaftigkeit in drei bzw. zwei Figuren.

Ausgiebiger Applaus

Alles in allem wird sich das Stück sicher noch wunderbar einlaufen und ab den nächsten Vorstellungen für die Zuschauer ein höchst amüsanter Abend werden. Das Premierenpublikum zeigte sich begeistert und applaudierte dementsprechend ausgiebig.