Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Dagmar Ullmann-Bautz · 12. Okt 2013 · Theater

Eine heitere Tragödie! – Österreichische Erstaufführung am Vorarlberger Landestheater

Das Vorarlberger Landestheater spielt Moritz Rinkes Stück „Wir lieben und wissen nichts“ in der Regie von Dirk Diekmann. Gestern war Premiere! Es wird viel gelacht und trotzdem fühlt man sich ein wenig bedrückt am Ende dieses Theaterabends. Denn es ist traurig, wie Moritz Rinke die Figuren und ihre Beziehungen zeichnet und die Regie setzt durch das Überzeichnen der Situationen noch ein Quäntchen dazu.

Zwei Paare – sogenannte Jobnomaden - vereinbaren per Internet einen zweimonatigen Wohnungstausch, weil Hanna einen Job in der Schweiz und Roman einen Auftrag in Deutschland hat. Die Partner werden genauso mitgeschleppt, wie Klamotten, Entsafter, der Duden u.a. Doch Sebastian mag nicht mehr, er hat dieses Leben satt und so entwickelt sich – nachdem Roman und Magdalena angekommen sind – ein ziemlich schonungsloser Seelenstriptease, an dessen Ende alles zerbricht.

Genaue Regiearbeit


Moritz Rinke hat ein rasantes Stück mit viel Wortwitz und Wortgefecht, eingebettet in leicht durchschaubare und wohlbekannte Figurenkonstellationen, geschrieben, mit ganz kurzen Momenten der Ruhe und Harmonie. Regisseur Diekmann versteht es, jede einzelne Emotion sehr genau herauszuarbeiten und dort wo es ihm wesentlich erscheint noch zu überhöhen. Er führt die Protagonisten sicher durch emotionale und energetische Stürme und beweist auch Gespür für Harmonie und Stille.

Hervorragende Schauspieler


Überzeugend Maria von Bismarck als Hannah – die souveräne Karrierefrau, die an der Unfähigkeit ihres Partners verzweifelt und am unerfüllten Kinderwunsch fast zerbricht. Mit ihrem klaren geschäftsmäßigen Auftreten, ihrer Anlehnungsbedürftigkeit und ihren Sehnsüchten ist Hannah eine sehr runde, eine menschliche Figur. Ihr Partner Sebastian, hervorragend gespielt von Dirk Diekmann, ist ein hochintelligenter und äußerst sensibler Mann, der es einfach nicht schafft, in dieser Welt des Fortschritts und des Erfolgs zu bestehen. Beide, weder Hannah noch Sebastian, sind wirklich ehrlich zueinander und beide verzagen aneinander.

Und auch Magdalena und Roman sind eine gescheitertes Paar, ein Paar, das sich und die gemeinsame Sprache im Alltag, im Kampf um Beachtung und Erfolg, verloren hat. Claudia-Sofie Jelinek präsentiert Magdalena mit einer wunderbaren Mischung aus Poesie und Skurrilität. Als Physiotherapeutin für Tiere – „nicht Kaninchen sondern teure Zuchtpferde“ – steht sie mit beiden Füßen auf dem Boden, den sie in ihrer Liebe zu Roman verloren hat. Und last but noch least Roman, für den es gar nichts anderes gibt als seine Raumfahrtbatteriebeschichtungen, für die er größte Vehemenz, außerordentlichen Einsatz bringt, völlig egal was neben ihm passiert. Helmut Rühl verleiht der Figur bewundernswert durchgängig eine bedauernswerte Aura.

Großer Applaus


Susanne Cholet hat eine wunderschöne leichte Bühne entwickelt, die dem Chaos darin den nötigen Raum lässt und die von Arndt Rössler in der erforderlichen Unaufdringlichkeit ausgeleuchtet wurde. Die Musik von Isabella Pincsek ist sehr eindringlich, nimmt jede Situation haargenau auf, entbehrt aber leider der wünschenswerten Subtilität.

Großer Applaus für vier tolle Schauspieler und eine seelenvolle, sehr genaue Regie.