Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Annette Raschner · 10. Mär 2023 · Theater

The sound of extinction

In ihrem Song „monkey gone to heaven” thematisieren die Pixies die Zerstörung, die die Anwesenheit des Menschen auf diesem Planeten angerichtet hat. „und alle tiere rufen: dieser titel rettet die welt auch nicht mehr (monkey gone to heaven)“ ist der Titel eines Stücks von Thomas Köck, das im klassischen Sinne kein Stück, sondern ein Theatergedicht aus Sprache, Körper, Sound, Wasser, Licht und Nebel ist. Der zweifache Mühlheimer-Dramatik-Preisträger bezeichnet den 2021 uraufgeführten Text als „Requiemmanifest vom Aussterben“. Das Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung hat es im Dornbirner Kulturhaus zur österreichischen Erstaufführung gebracht.

Dystopie und Postapokalypse

Ein Mann schält sich aus der Dunkelheit und betritt eine schwarze Fläche. Seine Schuhe schmatzen, die Fläche ist von Wasser bedeckt. Ausstatterin Caro Stark hat ein dystopisches Bühnenbild mit Wasserbecken, Licht und Nebel geschaffen. Der eiserne Vorhang bleibt offen, um dem Nichts Raum zu geben. Schließlich sind wir alle Zeugen des eigenen Untergangs, denn: „das hier ist die einsicht, dass der tipping point, der wendepunkt, hinter uns liegt.“ Die Abwesenheit, die Zerstörung, das Artensterben, es findet alles bereits statt. Zeit, um beiseite-, wenn nicht gar abzutreten.

Why did we choose extinction …

… fragt Felix Römer, und er gibt nicht nur dem Schöpfer des Textes, sondern auch den unzähligen Tierarten eine Stimme, die alle wegen der Gier und Zerstörungswut des Menschen ausgestorben sind. Sie heißen etwa Himalayawachtel, Madagaskar-Kronenadler, Südinsel-Riesenmoa oder Réunionibis. Es ist ein teils stiller, teils ohrenbetäubender Erinnerungsstrom mit ungekannten Wesen, die an uns vorüberziehen, und als Kommentatoren aus der Ferne liefern „The Ghosts of the Anthropocene“ (Paul Winter, Martin Grabher, Marcello Girardelli) den entsprechenden sound of extinction.

Ein schöner Text

„und alle tiere rufen: dieser titel rettet die welt auch nicht mehr (monkey gone to heaven)“ ist das dritte Stück von Thomas Köck (nach „dritte republik (die vermessung)“ und „antigone. ein requiem“), welches das Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung nun zur Aufführung gebracht hat. Regisseur Stephan Kasimir liebt den Rhythmus und die Schönheit des Textes und vertraut zu Recht auf dessen poetische Wirkungskraft und das Können eines Schauspielers, der dieses herausfordernde Textkonvolut mit großer Souveränität meistert. Wenn man nicht fett im Mainstream stecke und darüber hinaus seit Jahren unterfinanziert sei, riskiere man ohne Zögern mehr, sagen die beiden Unpop-Gründer und Leiter Caro Stark und Stephan Kasimir. Wie heißt es so schön? Wer wagt, gewinnt!

weitere Vorstellungen:
Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung: „und alle tiere rufen: dieser titel rettet die welt auch nicht mehr (monkey gone to heaven)“ von Thomas Köck
10./11./16./17./18.3., jeweils 20 Uhr
Kulturhaus, Dornbirn
www.unpop.at