Neu in den Kinos: „Tron: Ares“
Was geschieht, wenn die künstliche Intelligenz die Herrschaft übernimmt? Der dritte Teil der Science-Fiction-Reihe schickt den Gott des Krieges aus der digitalen Welt in die reale. Jared Leto erkennt als langhaariges Computerprogramm, dass das Menschsein nicht nur Nachteile hat. Doch für die großen Fragen der Zeit bleibt angesichts des visuellen Spektakels wenig Raum.
Ein mitten im verschneiten Gebirge blühender Orangenbaum ist der Vorbote. Nicht für die Klimakatastrophe, sondern für die Existenz künstlichen Lebens in der Wirklichkeit. Der Computerexpertin Eve (Greta Lee) ist es gelungen, den Quantensprung für die Menschheit wahr werden zu lassen: Ein in der digitalen Parallelwelt existierendes Programm kann sich von nun an in der Realität manifestieren – und zwar auf Dauer, denn alle bisherigen Versuche zerbröselten buchstäblich nach exakt neunundzwanzig Minuten.
An den Schalthebeln der Macht, also an unzähligen Monitoren und Tastaturen sowie einer riesigen unterirdischen Serverfarm, sitzt der Computerkonzern Encom. Doch bei der Präsentation des neuen gehypten Spiels wird schon nach wenigen Minuten klar, dass hier ein schlimmer Finger ein Foul von außen begeht: Julian Dillinger (Evan Peters), dessen Großvater als ehemaliger Präsident der Firma schon vor Jahrzehnten nichts Gutes im Schilde führte, erweist sich als gemeiner Saboteur. Seine beste Kampfmarionette in der digitalen Parallelwelt nennt er Ares, und Jared Leto gibt sich mit Bart und langen Haaren alle Mühe, seiner Existenz als Computerprogramm menschliche Züge zu verleihen und seinem Schöpfer wenigstens anfänglich nicht zu widersprechen. Was seine rechte Hand, Athena (Jodie Turner-Smith) erst gar nicht vorhat. Damit der von Dillinger entwickelte Supersoldat nicht nach neunundzwanzig Minuten in der Wirklichkeit in seine Bits-Einzelteile zerfällt, braucht er allerdings den von Eve gefundenen „Permanence Code“.
Empathische Gottheit
Wer den mittlerweile zum Kultfilm avancierten Sci-Fi-Klassiker „Tron“ von 1982 seinerzeit nicht gesehen und auch den Nachfolger „Tron: Legacy“ im Jahr 2010 verpasst hat, braucht sich nicht zu grämen, sondern kann sich trotzdem getrost in einen IMAX-3D-Saal setzen und mit „Tron: Ares“ den dritten Teil der Reihe über sich ergehen lassen. Denn nach einem holprigen Beginn, der einem das bisher Geschehene grob zusammenfasst, landet man schnurstraks in einer dünnen, aber von Regisseur Joachim Rønning umso pompöser aufgemachten Geschichte, die abwechslend in einer schwarzroten digitalen Parallelwelt und einer mit massiven CGI-Effekten aufgemotzten Wirklichkeit spielt.
Über die Erzählung gibt es wenig zu erzählen, das Gute und das Böse kommen einander in beiden Welten in die Quere, während Nine Inch Nails die Sitzreihen scheppern lassen. Ein Kampf der Formen und Farben wie in einem zweistündigen Experimentalfilm als Blockbuster, Rotschwarz gegen Blauweiß, die Hölle gegen den Himmel. Obligate Verfolgungsjagden auf den obligatorischen Lichtrennern, während derer der Gott des Krieges die Empathie, also das Menschsein, entdeckt. „Blade Runner“ und „Terminator 2“ lassen ebenso grüßen wie der Frankenstein-Mythos: „Beware, for I am fearless, and therefore powerful“, verkündet Ares nicht nur einmal. Jeff Bridges, der sich bereits 1982 als heldenhafter Programmierer vom „Tron“-Spiel gefangen nehmen ließ, tritt im letzten virtuellen Versteck gottgleich in Erscheinung.
Schönes Sterben
Die großen Fragen der Zeit beantwortet dieser Film zeitgeistig. „Being human is hard“, muss Ares erkennen und hört lieber Depeche Mode statt Mozart. Der gefühlten Angst vor künstlicher Intelligenz begegnet dieser Film mit großen Gefühlen. Doch die Sterblichkeit hat auch ihr Gutes. Man kämpft anders ums Leben, wenn man weiß, dass es einmalig ist. „There’s nothing permanent about it“, weiß Ares nun über das Leben. Philosophie im Kino sieht anders aus. Doch „Tron“, berühmt als Meilenstein der Computertechnik im Spielfilm, hat sich nie mit tiefsinnigen Erkenntnissen aufgehalten, sondern setzte schon vor mehr als vierzig Jahren lieber auf Schaulust. Daran hat sich auch in „Tron: Ares“ nichts geändert.
ab 9.10., Cineplexx Hohenems (IMAX 3D; OF am 13.10.), Kino Bludenz (3D), Kinothek Lustenau (2D und 3D)